Manchmal wird gesagt, es gäbe drei Wege zu lernen:
Man lernt durch nachdenken – das ist am edelsten.
Man lernt aus Erfahrung – das ist am bittersten.
Und man lernt durch Nachahmung – das ist am einfachsten.
Auf einem Workshop kann man sich viel abgucken, ausprobieren und meistens kann ich da auch nachdenken. Deswegen musste ich nicht zweimal überlegen, als ich erfuhr, dass Gerald Boom beim Asgard Aschaffenburg e.V. am 16-18.06.2017 einen Workshop für Styrodurgeländebau veranstalten würde.
Gerard „Geboom“ Boom hat sich inzwischen einen Ruf als „Stryrodurgott“ erarbeitet. Als Gast in diversen Youtube-Kanälen und Messen und durch seine Homepage Shifting Lands ist er inzwischen bekannt geworden und teilt regelmäßig seine Kenntnisse und Erfahrungen auf Workshops. Den Bericht über diesen Workshop teile ich in Allgemeines über den Workshop, seine Inhalte und die Organisation der Veranstaltung und die Projekte der Teilnehmer. Bei den Podcasts findet ihr auch ein kurzes Interview, welches ich mit Gerald am Sonntag führen durfte.
Der Workshop
Den Workshop veranstaltete der Asgard Aschaffenburg e.V. am 16-18.06.2017 in ihren Räumlichkeiten im Jugendtreff Hockstraße. Auch ohne große Werbung verbreitete sich die Neuigkeit im Buschfunk, ich selbst wurde auf der Tactica schon darauf angesprochen. Auch wenn der Schwerpunkt der Teilnehmer aus dem Vereinsumfeld und der Umgebung Aschaffenburg/Darmstadt kam, reichte der Einzugsbereich der Interessenten von Mainz bis München. Da Gerard hier schon mal zu einem Workshop zu Gast gewesen war, gab es noch eine zweite parallele Gruppe von Wiederholern, die zwar nicht direkt am Workshop teilnahmen, aber im Nebenraum mitbastelten.
Der Beginn war auf 18 Uhr veranschlagt, nominelles Kursende war Freitag und Samstag zwischen 21 und 22 Uhr, im Allgemeinen machten wir aber noch deutlich länger. Die Veranstalter vom Asgard trugen dies als begeisterte Hobbyisten mit. Für kleines Geld boten sie auch Snacks und eine warme Mahlzeit an, aber ich bin von ihrer routinierten Organisation inzwischen auch verwöhnt.
Auch wenn Gerards Workshop erstmal mit einer Vorstellung und Theorielektion begann, war die Veranstaltung sehr praktisch orientiert, da jeder Teilnehmer ein Projekt selbstständig gestalten durfte, aber immer auf die Inspiration der Teilnehmer und Gerards Unterstützung zurückgreifen konnte. Das machte das Ganze zu einem sehr unterhaltsamen Bastelwochenende, bei dem man sich sehr viel abschauen konnte, wenn man sich aus seiner Komfortzone wagte. Mir persönlich hätte es mehr theoretischer Überbau sein dürfen, aber ich stehe auch darauf, Dinge sehr zu methodisieren 🙂 . Aber gerade der Umgang mit dem Heißdrahtschneider, die korrekte Temperatur und die richtige Drahtspannung hätten noch mehr Aufmerksamkeit vertragen können.
Auch wenn der Workshop ganz allgemein auf Geländebau mit Styrodur ausgeschrieben war, lag der Fokus klar auf dem Bau von Gebäuden, wofür Gerard viele Methoden und Ansätze zeigte. Der Schwerpunkt lag auf dem Umgang mit dem Heißdrahtschneider, Skalpell und Bleistift. Er präsentierte auch die von ihm entwickelten Schablonen für den Bogen und Fensterbau, seine neuen gelaserten Fensterrahmen und seine Erweiterungswerkzeuge für den Heißdrahtschneider. Viele nutzten auch die Gelegenheit, sich gleich mit entsprechenden Werkzeugen einzudecken, allerdings hatte Gerard für jeden Teilnehmer eine B-Waren MDF Schablone speziell für diesen Workshop bereitgelegt und stellte uns mehrere Heißdrahtschneider, Schablonen und Werkzeuge zur Verfügung.
Auch hatte Gerard sehr viele Anschauungsobjekte mitgebracht, die nicht nur seinen Bastlerwerdegang nachvollziehbar machen, sondern an denen er auch die Wirkung von Methoden und Techniken präsentieren konnte. Bei all den technisch äußerst gut durchdachten Schablonen und Werkzeugen, um die wesentlichen Formen in hoher Präzision zu schaffen, bleibt aber Gerards Geländebaustil nach wie vor viel fummelige Handarbeit. Auch wenn er durchaus unseren Universalstrukturierer zu würdigen weiß, beruht sein Stil auf der vollen Kontrolle der Oberflächentextur durch Bleistifte. Ein wesentlicher Punkt des Workshops lag also auch darin, das Strukturieren von Steinen, Ziegeln und Holz mit dem Bleistift einzuüben. Damit hatte ich als eher „effektiver“ Geländebauer anfänglich meine Probleme, wagte mich dann aber gegen Samstagabend endlich aus meiner Komfortzone und probierte dies im größeren Stil.
Die wesentlichen anderen Tipps und Tricks lagen vor allem in dem Umgang mit dem Heißdrahtschneider, Hinweisen zur unterschiedlichen Struktur des Hartschaums, je nach seiner Schäumrichtung und ein Auge und Erfahrung für bestimmte Baudetails zu entwickeln. Gerard stand immer wieder beratend und lobend zur Seite, präsentierte das passende Werkzeug, Idee oder Technik und half schon mal bei schwierigen Handgriffen, die er dann für eine kleine Gruppe präsentierte.
Gerade am Heißdrahtschneider zeigte er seine ganze Kunst und setzte mit Erfahrung und technischem Verständnis manche Idee um. Ansonsten ging er herum, bastelte an seinem eigenen Projekt im Stehen weiter und war entzückt von unseren Ideen.
Die Projekte
Jeder Teilnehmer sollte sich ein Projekt überlegen und versuchen umzusetzen. Hier zeigte sich schon, wie ambitioniert und routiniert als Geländebauer viele waren, ich denke es war kein einziger echter Anfänger dabei und die meisten orientierten sich auch an sehr präzisen historischen Vorlagen und Elementen. Die Meisten nutzten die gegebene Zeit vor allem, um die Styrodurformen zu schaffen, nur ich mit einem stark sequenziellen Bastelstil ging teilweise schon wirklich zur Bemalung über.
Hier sehen wir ein Fachwerkhaus mit gemauertem Fundament. Das Füllwerk ist offensichtlich mit einem weichen Bleistift texturiert worden, die Gitterfenster im Fundament bestehen aus Maschenband, welches zwischen zwei Hartschaumlagen geklebt wurde.
Diese keltische Kirche bekommt gerade ihre ersten Reihen an Schindeln aus einem hauchdünnen Hartschaumstreifen. Die Spitzbögen führten bei mir erstmal zur Verwunderung, waren so aber auch genau auf dem Vorlagenfoto zu finden.
Auch die grimme Zukunft des 41. Jahrtausends war zu finden, hier in einer imposanten imperialen Festung. Einige Gelände-Theoriediskussionen führten dazu, dass dieses eindrucksvolle Stück noch einen zweiten Zugang in Form einer Bresche bekam, um es spielerisch wertvoller zu machen.
Besonders detailverliebt empfand ich diese Gebäude, die sich an einen venezianischen Stil anlehnen. Bei diesem ambitionieten Projekt wurden wirklich beinah alle gezeigten Techniken irgendwie eingebaut.
Auch für Freebooter’s Fate wurde gebastelt, hier ein Ballspielplatz für die Amazonen, frei nach den bekannten Mayavorbildern.
Eines der voluminösesten Projekte sollte dieses Fantasyschloss in weichen Formen für die Ponys der Tochter werden. Leider musste die Baumeisterin als eine der ersten schon abreisen.
Ich selbst war nur mit einem sehr losen Konzept auf den Workshop gefahren, da ich kein dringendes Projekt hatte. Daher wurde mein erstes Stück zum warm werden ein kleiner Pavillon für die 54 mm Prinzessinen meiner Tochter.
Nachdem ich dann warm gelaufen war, probierte ich mich an einem dekorativen Beobachtungstürmchen. Hier wollte ich den ein oder anderen gezeigten Trick mit den Bögen umsetzen, war dann aber nach mehreren Fehlversuchen auf Gerards Hilfe angewiesen. Mein Treppenkonzept funktionierte aber exzellent.
Stilistisch sehr interessant fand ich dieses viktorianische Stadthaus. Eine Idee, die mir unglaublich gut gefiel, aber auf die ich nicht gekommen wäre.
Nicht ganz fertig, aber sehr gut geplant war auch dieses moderne Haus.
Gerard selbst arbeitete die meiste Zeit an seiner romanischen Kirche, die er schnell zuschnitt und dann lange und ausdauernd texturierte. Auf die Frage am späten Abend, als er mit Zigarre entspannt draußen saß und den 3425. Stein gestaltete, antwortete er auf die Frage: „Wie texturiert man am besten Styrodur?“ nur noch „Entspannt unter Freunden, im Sommer draußen – wenn man will auch mit Zigarre“.
Fazit
Ich habe auf diesem Workshop sehr viel mitgenommen – Ideen, Materialien, eine gute Zeit mit anderen Hobbyisten. Das gemeinsame Basteln und das sich gegenseitig kreativ befruchten ist auch für Gerard der Hauptgrund, diese Workshops zu veranstalten. Ich kann euch diesen Workshop ans Herz legen, aber ihr solltet schon einmal etwas Erfahrung gesammelt haben und ein Projekt grob im Kopf haben.
Was haltet ihr von Geländebau-Workshops? Und welche Geländestücke findet ihr am vielversprechensten?
Wir freuen uns auf eure Kommentare!