Jagged Alliance – the board game : Ersteindruck von der Spiel 2017

Hallo lieber Blogleser,

bei meinem Besuch auf der Spiel 2017 in Essen hatte ich die Gelegenheit einige Spiele anzutesten, was ja der zentrale Reiz, dieser Spielemesse ist. Eines der Projekte dort, liegt uns so am Herzen, dass wir es hier vorstellen wollen.

Jagged Alliance – the Boardgame  – Kickstarter

Über diesen Kickstarter berichteten wir auch schon in den News, wo durch ich erst auf ihn aufmerksam wurde. Ich selbst bin ein großer Fan des Computerspiels Jagged Alliance 2 – Freiheit für Alruco, welches 1999 erschien und mich von den frühen 2000er bis heute immer  wieder begleitet hat. In dem Spiel befreit man als angeheuerter Söldnerunternehmer eine kleine Bananen“republik“ von einer despotischen Diktatorin. Der sehr eigenen Genremix aus Rundentaktik (Söldnergefechten), Rollenspiel (Quests, Söldnerequipment und Persönlichkeiten) und strategischem Management (Bergbauminen, strategische Städte, Milizausbildung und Söldnervertragswesen) beschäftigte mich immer wieder viele Spielstunden lang.

Die Marke besitzt bis heute noch eine kleine, aber recht interessierte Fangemeinde. Nun haben sich Underground Games, eine kleine deutsche Firma, nach langer Vorbereitung daran gewagt unter der Lizenz von THQ North eine Brettspiel-Variante des Computerspiels auf Kickstarter zu lancieren.
Nach dem ich mir kurz die Spielmechanik im Video bei Orkenspalters „Shut up and take my money“  angeschaut hatte, machte ich einen Besuch und Test des Spiels für mich zum Pflichttermin auf der Spiel 2017 um die inzwischen überarbeiteten Regeln auszuprobieren. Ich versuche dieses Review für Neulinge des Spiels so zugänglich wie möglich zu halten, aber werde für Fans natürlich die einen oder anderen Namen erwähnen müssen.

Underground Games platzierte hier als 2-Mann-Firma eine Crowdfundig-Aktion im ursprünglichen Sinne, aber auf ihrem Klapptisch konnte man schon einiges an Spielmaterial mit fertigen und neuen Artworks begutachten. Alleine die noch selbst markierten und eingefärbten Würfel verrieten das noch nicht fertige Spielmaterial. Das Spiel ist für den internationalen Markt bisher in Englisch gehalten, benutzt aber eine sehr einprägsame Symbol-Ikonographie. Die Regeln werden als PFD auch auf Deutsch, Französisch und Polnisch veröffentlicht werden.
Auf der Spiel mussten wir nicht direkt Schlange stehen, aber Samstag und Sonntag gaben sich die Testspieler quasi die Klinke in die Hand.

Im Spiel übernimmt jeder Spieler einen Söldner, mit individuellen Eigenschaften, Fähigkeiten und Ausrüstung. Alle spielen kooperativ gegen das Spiel, welches den Gegnern eine Art individuelle KI gibt, in dem sie sich nach einigen Regeln auf ihrer Gegnerkarte verhalten.
Die Spieler bewegen sich über einzelne Felder, befreien und sichern Sektoren und versuchen in einzelnen Szenarien ihre Missionen zu erfüllen oder im großen Kampagnenmodus ganz Alruco zu befreien. Dazu müssen Gegner ausgeschaltet, Fallen entschärft und Ausrüstung gefunden, verteilt und repariert werden.

Die wesentliche Mechanik des Spiels basiert auf dem Einsatz von Ausdauerpunkten (Stamina), die man in Erschöpfung (Fatigue) umwandelt um Aktionen durchzuführen. Diese Ausdauer dient aber zugleich als Lebenspunkte, wenn sie nach Treffern in Wunden (Wounds) umgewandelt wird. Wer also viele Aktionspunkte ausgibt, wird verwundbarer und geht schneller zu Boden, so dass erstmal der Sanitäter anrücken muss.
An dieser Mechanik wurde kritisiert, dass das Conan-Brettspiel eine ähnliche verwendet, aber tatsächlich ist diese Mechanik sehr stark am Computerspiel orientiert und in analoges Spielmaterial portiert.
Zusätzlich besitzt jeder Söldner noch eine Sonderfertigkeit und eine Kommando-Aktion, mit der er z.B.  Ausrüstung umverteilen kann oder Befehle gibt und die Moral hebt (wandelt Erschöpfung in Ausdauer um), Verletzte behandelt (Wandelt Wunden in Ausdauer um) oder Technikaktionen zum Reparieren von Ausrüstung durchführt. Je nach Profil verwendet er dafür unterschiedlich gute Würfel und kann unterschiedliche Ergebnisse erzielen

Nach dem ein Söldner aber seine Aktivierung beendet hat, werden alle Gegner im Sektor aktiviert und führen ihre vorgeschriebenen Aktionen durch. Für einfache Grunts ist dies das Vorrücken um ein Feld auf den nähsten Spieler, bevorzugt den gerade aktivierten Spieler. Erreichen sie ihn, teilen sie Schaden zu, den der Söldner abwehren kann. Sniper hingegen halten ihre Position und schießen auch über mehrere Felder. Söldner können den erlittenen Schaden reduzieren, indem sie sich auf ihre Rüstung verlassen oder versuchen komplett auszuweichen, wobei sie aber vollen Schaden erleiden können. Einige Ausrüstungsgegenstände erlauben es, dass man sie „beschädigt“ um mehr Würfel oder Widerholungswürfe zu erhalten. Abhängig davon in welchem Feld man sich befindet, greifen andere Sonderregeln. Deckung durch Häuser reduziert z.B. den erhaltenen Schaden, während Dschungel das Ausweichen einfacher macht.

Haben alle Spieler einmal aktiviert, wird die Runde beendet. Dann werden die Kommandoaktionen wieder aufgefrischt, jeder Söldner erhält zwei Ausdauer aus dem Erschöpfungspool zurück und die allgemeine Bedrohung steigt an.

Haben die Spieler einen Sektor von allen Gegnern befreit, schaltet das Spiel (wie auch im Computerspiel) vom „Rundenmodus“ in den „Echtzeitmodus“ wo etwas leichter organisatorische Dinge wie der Austausch von Ausrüstung oder der Wechseln in andere Sektoren ausgeführt werden können.

Sehr interessant dabei finde ich, dass sich die Gegner allesamt sehr berechenbar und präzise planbar verhalten, alle Zufallselemente aber durch die Spieler ausgeführt werden. So muss kein Spieler „gegen“ seine Mitspieler würfeln, und das Spiel, gegen das man gemeinsam spielt hat, nie Glück, sondern höchstens die Spieler Pech oder ihre Karten überstrapaziert.

Durch die ganzen bekannten Artworks, Ausrüstungsgegenstände und Personen, weckte das Spiel in mir eine sehr starke Nostalgie, da es sich wirklich sehr wie das Computerspiel anfühlte, zugleich aber planbar wie ein Brettspiel war. So bekam unser Team nach der Befreiung der Rebellenbasis Omerta gleich die Allierte Ira, die promt mir als Gruppen-Sanitäterin Fox (die Sorte von heißer Notaufnahmenschwester, welche dich auf kurzer Entfernung mit zwei Pistolen umlegt) zugeordnet wurde und meine Medizin-Würfel verstärkte
Umgekehrt sprach die ganze kooperative Spielmechanik, die Diskussionen über die Taktik und die Möglichkeiten wie wir vorgehen könnten, auch sofort Felice an. Auch ohne das Computerspiel zu kennen, hatte sie sofort Spaß. Sehr viele Mechanismen greifen im Balancing bisher gut ineinander. Gefundenes Geld kann benutzt werden um damit Sölder aufzuwerten, damit diese auch fortgeschrittener Ausrüstung und Allierte benutzten können, oder um neue Ausrüstung und Allierte anzuheuern. Mit dem Geld kann man aber auch feindliche Offiziere bestechen, damit die Bedrohungstufe sinkt. Man hat also oft die Wahl ob man mit schlechterer Ausrüstung seine Ruhe hat, oder besser ausgerüstet gegen einen alarmierten Feind antritt, der auch Gegenangriffe startet. Ich mag es, wenn ein Spiel mir solche Entscheidungen lässt.

In unserer Testpartie mussten wir zum Beispiel die Entscheidung treffen ob nun unsere Scharfschützin die Feindgruppe in der Deckung markiert um gleich mit einigen Aktionen viel Schaden zu machen, dann aber dem Feuer der gegnerischen Sniper ausgesetzt wäre. Dafür würden die gegnerischen Grunts ins Offenen laufen, wo wir dann die Chance hätten sie abzufangen bevor sie uns im nächsten Zug erreichen. Oder ob unser Dschungelkämpfer weit vorschleicht, um den Gegner im Dschungel auszuschalten, was seine Fähigkeit auslösen würde, dass die Gegneraktivierung ausfällt. Dann würden aber die Grunts weiter in gut verteidigter Deckung bleiben oder bei einem Fehlschlag alle ihn angreifen.

Ich einen stark verteidigtem Sektor wurden wir prompt böse zusammengeschossen, nur um dann zusehen zu dürfen wie dank der neue gefundenen Ausrüstung und geschickter Widerholungswürfe unsere russische Ein-Mann-Armee Ivan alleine die Sondermission erfüllte, eine Panzerkolonne im Dschungel auszuschalten.

Insgesamt hat mich das Spiel sofort durch die Summe an Optionen und den hohen Widererkennungswert gepackt. Die Spielmechanik wirkt auf mich ausgereift und durchdacht, und das Playtesting ist ja immer noch nicht völlig abgeschlossen. Das Spiel soll mehrere Szenarien enthalten und auch Möglichkeiten selbst welche zu kreieren. Für die ganz harten Fans soll es auch die Möglichkeiten gegen in 999+ min die gesamte Alruco-Kampagne zu spielen und quasi den Sektorfortschritt zu „speichern“. Wer kooperative und komplexe Spiele mag, dem kann ich das Spiel wirklich ans Herz legen. Das Thema zwischen hartem Söldnerwesen und oft unerbitterlicher Taktik und satirischem 80er-Jahre Action-B-Movie welches auch das PC-Spiel auszeichnete muss einem halt liegen.

Für die Söldner und Gegner wurden auf der Spiel Pappaufsteller verwendet, im fertigen Spiel wird es dafür dann Kunststoffminiaturen geben. Freunde des Sci-Fi-Modus können auch noch das Untergrundszenario mit den Bugs als Modellen als Add-On wählen. Weitere Söldnermodelle sind erstmal nicht geplant, aber viele Bekannte Söldner werden als Allierte oder Optionen dem Spiel beiliegen. Ebenso darf ein Backer sich als alternativer Diktator verewigen.

Anspielen konnten wir die ikonischen Söldner Fox, Shadow, Ivan, Raven und Len, durch die Kickstarter-Backer wurden noch Fidel und Dr. Cliff ins Spiel gewählt. Über einen weiteren Söldner läuft noch die Abstimmung.

Und einen Nebeneffekt hatte das Spiel noch: Kaum das wir wieder zurück von der Spiel waren, wurde promt Jagged Alliance 2 auf unseren Rechnern installiert, wo nun auch Felice dem Spiel verfallen ist.

Was haltet ihr von diesem Kickstarter und viele Stunde seid ihr durch Jagged Alliance gestorben? Welcher Söldner fehlt noch unbedingt. Wir freuen uns auf eure Kommentare! Denn ab und zu müssen auch wir eine Ausrede finden, uns vom PC-Spiel loszureißen.

Über Christian

Christian begann als Gastautor und bissiger Kommentator, wurde dann Redakteur im Blog und gehört inzwischen zu den "Großen Alten" Trotzdem ist es immer noch für sein zu schnelles Reden bekannt und für seine Klugkoterei berüchtigt. Obwohl er kein Historischer Wargamer ist, ist er einer der "HistoSpacken" der Redaktion. Sein Fokus im Hobby liegt auf Freebooter's Fate, Summoners, Geländebau (aktuell gerade 1:1 Maßstab) und Hobbyphilosophischem. Ganz allgemein spielt er lieber Skirmischer als Rank&File-Massensysteme

Alle Beiträge von Christian →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert