Exterminate! – the Miniature Game

Als Fans der Serie Dr. Who waren wir schon sehr gespannt, als Warlord verkündete, von der BBC die Rechte für die Veröffentlichung eines Tabletop-Spiels und Miniaturen erhalten zu haben. Im Sommer 2016 war es dann soweit und Exterminate! kam auf den Markt. In der Zeit kamen wir aber nicht dazu, uns das Spiel anzuschaffen und auch wenn das Regelbuch frei verfügbar war, fanden wir im Netz kaum Rezensionen. Zur Spiel 2017 in Essen wurden wir dann direkt bei Warlord vorstellig und wollten ein sehr einfaches Testspiel wagen. Auch bekamen wir hier gleich ein Rezensions-Exemplar zugesteckt. Das Spiel ist bisher nur auf Englisch verfügbar, ist aber kein Brettspiel oder Miniaturenspielhybride, sondern durchaus ein vollwertiges Tabletop.

Wie sich Exterminate! spielt, welches Potential wir sehen und wie der Doctor in dieses Spiel mit Daleks und Cybermen passt, wollen wir hier beleuchten. Wie immer, wenn wir kein brandheißes Review eines ganz neuen Produktes machen, nehmen wir uns die Zeit, etwas tiefer zu blicken.

Das Doctor-Who-Universum (ein kleiner Exkurs)

(wen nur das Spiel interessiert, der darf im nächsten Absatz weiter lesen)

Doctor Who screen grab Credit: BBC AMERICA
„I’m the Doctor. I’m a Time Lord. I’m from the planet Gallifrey in the Constellation of Kasterborous. I’m 903 years old, and I’m the man who’s gonna save your lives and all six billion people on the planet below. You got a problem with that?“

Doktor Wer? Uns Deutschen muss man das ja erklären: Doctor Who ist die am längsten laufende Science-Fiction-Serie der Welt. Von 1963 bis 1989 lief die klassische Serie mit diversen Fernsehfilmen, die einen gewissen B-Movie-Charme mit guten Drehbüchern vereint. Seit 2005 läuft die neue Serie, die nun eine sehr moderne Optik mit entsprechendem Produktionsbudget vereint, aber immer noch auf den Charme und die Ereignisse der alten Serie zurückgreift und auch neu interpretiert. Gerade als Drehbuchautoren wurden hier Größen wie Douglas Adams (Per Anhalter durch die Galaxis) bekannt. Dem dritten Anhalterroman „Das Leben, das Universum und der ganze Rest“ merkt man immer noch an, das es mal ursprünglich ein Plot für Doctor Who war. Auch räumte der Autor Steven Moffat (Sherlock) Ende der 2000er reihenweise Drehbuchpreise ab, bevor er Showrunner wurde. Speziell im englischsprachigen Raum hat die Serie in Geek-Kreisen einen hohen Stellenwert. Wer das nicht glaubt, kann ja mal die Anzahl der Verweise in Serien wie den Simpsons, The Big Bang Theory oder Family Guy zählen. Für die Briten ist Doctor Who ein Kulturgut, in deutscher Relation irgendwo zwischen Tatort und Wetten Dass (ja, ich bin in den 80ern geboren) anzusiedeln. Neue Darsteller für den Doctor werden in einer Abendgala vorgestellt und Fans können sich endlos über die Qualitäten der einzelnen Staffeln, Darsteller und Drehbuchautoren auslassen. Der Name des Doctors wird niemals genannt, daher auch die ikonische Frage. Die Prämisse von Doctor Who ist einfach und zugleich komplex. Der Doctor ist ein zeitreisender Timelord, der ein Faible für die Menschheit besitzt. Mit seiner TARDIS (Time And Relative Dimensions In Space), einem Zeitreise-Raumschiff mit Persönlichkeit (…and it is bigger on the inside…), bereist er Raum und Zeit. Dabei wird er von verschiedenen (nicht nur, aber überwiegend) menschlichen Bekannten, den Companions, begleitet. Denn der Doctor ist nicht gerne alleine und benötigt immer wieder seine Companions, um sich zu erden und die Wunder des Universums noch wahrzunehmen. Je nach Welt und Epoche tarnt sich die TARDIS immer perfekt – nur um dann eine Nanosekunde später die  Form einer klassischen blauen 60er Jahre Polizeinotrufbox anzunehmen. Dies geht soweit, dass im modernen Britannien diese Form eher mit des Doctors TARDIS als mit den historischen Polizeiboxen verbunden wird. Auch bezeichnet sich der Doctor gerne als „mad man with a blue box“. Ursprünglich aus der Not eines Darstellerwechsels geboren, überlebt der Doctor tödliche Verletzungen, indem er einen neuen Körper regeneriert, der nicht nur anders aussieht, sondern auch andere Charakterzüge entwickelt. Deshalb werden inzwischen die Doctoren einfach nummeriert.

Tom Baker – the 4th doctor
Credit BBC

Die Serie nimmt einerseits die Zeitreise-Thematik sehr ernst und beschäftigt sich mit Paradoxien oder der Unausweichlichkeit bestimmter Ereignisse. Zum anderen umgeht die Serie viele Logikprobleme durch bestimmte Gesetzmäßigkeiten und der anderen Wahrnehmung des Doctors der Raum-Zeit:

People assume that time is a strict progression of cause to effect. But actually from a non-linear, non-subjective viewpoint it’s more like a big ball of wibbly-wobbly timey-wimey… stuff.

Zumindest ist eines sicher: In einer Doctor Who Folge kann so ziemlich alles passieren, alle übernatürlich-fantastischen Effekte können durch Aliens, Technologie oder Raum-Zeit-Effekte erklärt werden, wie z.B. der Hexenglaube in der Epoche Shakespears oder wie genau der Vesuv damals Pompeji verschüttete. Aber es wird auch viel gerannt und Humor, Drama und Tragödie werden gekonnt gemixt.

Der Spielhintergrund

Okay – und was hat das nun mit dem Spiel zu tun?

Eine sehr wichtige Frage, denn: Exterminate! ist kein Doctor Who-Spiel! Dennoch kann der Doctor im Spiel auftauchen und auch er und seine Companions als Fraktion gespielt werden. Vielmehr übernimmt man die Kontrolle über zwei der wichtigsten Antagonisten des Doctors: Die fanatischen Daleks und die unerbitterlichen Cybermen – zwei Spezies, die trotz aller humorigen Ereignisse in der Vergangenheit und Designüberarbeitungen immer noch Schrecken bei den Companions und eine eiserne Entschlossenheit beim Doctor auslösen. Diese beiden (kriegerischen) Fraktionen versuchen, sich in szenariobasierten Missionen gegenseitig auszulöschen und die wichtigen Vortex-Marker einzusammeln.

Die hasserfüllten Daleks vom Planeten Skavros sind eine der höchstentwickelten Spezies des Universums, die zu den Wenigen gehören, die auch Temporaltechnologie beherrschen. Die Daleks sind fanatische xenophobe geklonte Mutanten, die ihr Leben in der ikonischen Kampfanzughülle zubringen. Sie sind bei aller Genialität vom Gedanken der genetischen Reinheit beseelt und würden am liebsten alle anderen Lebensformen im Universum auslöschen. Daher stammt auch ihr ikonischer Kampfschrei: Exterminate! Mit den Timelords führten sie den Großen Zeitkrieg (the last time war), bei dem sich die beiden Spezies gegenseitig aus dem Universum warfen. Aber einige Daleks bleiben immer übrig und entwickeln Pläne, um ein neues Dalek-Imperium zu errichten. Den Doctor betrachten sie als ihren Erzfeind, können ihn aber offenbar nicht töten.
Im Spiel planen sie (mal wieder) eine ultimative Vernichtungswaffe zu bauen, benötigen dafür aber nicht nur exotische Materialien, sondern auch die mysteriösen Energien des Time-Vortex.
Wer jetzt an „SpaceNazis in Pfefferstreuern“ denken muss, liegt nicht ganz falsch, denn in den 60ern waren da noch einige Narben frisch und der ursprüngliche Autor gibt auch zu, dass dies durchaus eine Inspiration war.

Die Cybermen sind eine Spezies von Humanoiden (je nach sich kreuzender Zeitlinie vom Planeten Mondas oder einer alternativen Erde), die sich mit kybernetischen Bauteilen und am Ende einer kompletten Metallhülle aufgerüstet haben. Diese „Upgrades“ beraubten sie aber ihrer Menschlichkeit und jeglicher Emotion. Ihr Schwarmbewusstsein versucht vor allem zu überleben – und die beste Überlebensstrategie ist es, einfach alle Lebensformen ebenfalls zu Cybermen upzugraden. Wer das nicht wünscht oder sie bekämpft, ist offensichtlich obsolet und sollte gelöscht werden. Schon ein überlebender Cyberman wird anfangen, Ressourcen zu sammeln, um weitere Cyberhüllen zu bauen und andere Lebensformen upzugraden. Auch sie fürchten den Doctor, der ihre Pläne und Schläferzellen regelmäßig aufgehalten hat.
Die Cybermen haben vom Plan der Daleks erfahren und betrachten diesen als Bedrohung. Daher müssen die Daleks aufgehalten werden. Dies stellt aber auch die Möglichkeit dar, endlich mehr über temporale Technologie zu lernen und die Fähigkeit zur Zeitreise zu entwickeln.
Wer nun an die StarTrek Borg decken muss, ist auf dem richtigen Weg, allerdings sind die Cybermen und ihre verschiedenen Designs gut 20 Jahre älter.

Das Spielmaterial

Exterminate! kommt in einer klassischen Brettspielbox daher, die aber gut gefüllt ist. Neben den Gussrahmen für jeweils zwölf Daleks und Cybermen sind noch die drei Regelhefte „Rules“ „Adventures“ und „Guide to the Time Vortex“ beinhaltet. Zusätzlich dazu bekommt man acht spezielle Würfel und einen dicken Stapel an Karten, die für Ausrüstungoptionen, erweiterte Kampfregeln und die Fraktionsaufstellung benötigt werden. Abgerundet wird die Box durch dicke Pappmarker für verschiedene Zustände und 2D-Gelände sowie eine Spielmatte aus starkem Papier. Als netter Gag sind Matte und 2D-Gelände auch zweiseitig und aufeinander abgestimmt ausgeführt.

Das Ganze wirkt nun (bis auf die Matte) sehr wertig, aber auch sehr nach einem Brettspiel.
Die Daleks und Cybermen kommen aber in klassische Spritzguss-Gussrahmen aus tabletopüblichen Hartplastik daher und müssen ausgetrennt und zusammengebaut werden. In beiden Fällen ist der Kunststoff vorkoloriert,  es wird aber auch expliziert auf eine Bemalanleitung verwiesen. Die Figurendesigns sind natürlich stark durch den Kanon vorgegeben und recht simpel. Die Cybermen empfinde ich hier als die schöneren Modelle, die zwar simpel, aber detailliert und scharf gegossen sind. Der Bausatz der Daleks ist aber technisch wesentlich durchdachter, die Teile halten auch sehr gut ohne geklebt zu werden und schaffen auch Tiefe am Modell. Leider sieht nun mal ein Dalek genau so aus, wie er hier dargestellt wird.

Die Artworks der Box, der Hefte und der Karten sind top, kann doch hier Warlord auf den reichhaltigen Fundus der BBC im Whoniversum zugreifen. Die drei Regelhefte haben jeweils 12 bis 24 Seiten Umfang und führen den Spieler schrittweise tiefer ins Spiel ein. Die Rules stellen die grundlegenden Regeln dar, der „Guide into the time vortex“ vertieft diese. Er bietet Fluff zum Spiel und den Fraktionen, enthält eine simple Bemalanleitung für Anfänger, stellt mehrere Szenarien vor und schließt noch mit einem Glossar aller Sondereigenschaften ab. Das Adventures Heft beschäftigt sich nun mit anderen Fraktionen wie dem Doctor, den Zygon, der Silence oder den Judoon und stellt auch ein Einspieler und ein Mehrspieler-Szenario vor.
Die Aufteilung finde ich grundsätzlich okay, allerdings hätte das Glossar besser in die Regeln gepasst. Der Hintergrund ist aber vermutlich, dass nur das Rules-Heft frei downloadbar ist.

Text und Artwork

In Sachen Material macht Exterminate! alles richtig. Das Material, welches man häufiger zum Spielen benötigt, ist wertig und ansprechend gestaltet. Zusätzlich sind noch einige Dinge enthalten, die Einsteigern den Anfang sehr einfach und niederschwellig machen.

Die Kernmechanik (einfach)

Die Spielmechanik dreht sich vor allem um die speziellen Würfel, die der Box beigelegt sind. Mit diesen werden Initiativewürfe, Angriffe, Verteidigungen, Schadensermittlungen abgehandelt. In der Reihenfolge ihrer Initiative handeln die Spieler der Reihe nach die Bewegung all ihrer Modelle ab. Nachdem sich alle Modelle bewegt haben, werden wieder in der Reihenfolge der Initiative alle Fernkampfangriffe abgehandelt. Alternativ dürfen sich Modelle auch nochmals bewegen, anstatt zu feuern. Abschließend finden die Nahkämpfe statt, für die alle Modelle, die näher als zwei Zoll an einem Gegner stehen, einen „engage move“ ausführen dürfen. Generell wird dabei jeder Angriff von jedem Modell nacheinander abgehandelt. In der abschließenden Statusphase wird kontrolliert, ob Modelle einen erworbenen Status wieder los werden können.

Spezialwürfel

Gelände bringt Deckung ein, erschwert aber die Bewegung. Wer sich  über Gelände bewegen möchte, muss würfeln, ob er hängen bleibt und die Bewegung nächste Runde leichter fällt. Alternativ dürfen auch einige Geländestücke erklettert werden, generell ist die Bewegung aber eher zweidimensional orientiert.

Modelle, die im Fernkampf erfolgreich getroffen werden, erhalten Under Fire-Marker. Dieser verbietet es, dass dieses Modell noch feuern darf. Sind es zwei oder mehr Marker, darf sich das Modell nicht einmal bewegen. Für einen Fernkampfangriff wirft der Angreifer so viele Würfel, wie seine Waffe und der Bonus seines Modells angeben, der Verteidiger hingegen verwendet seinen Verteidigungswert. Die Anzahl der Würfel und zu würfelnden Symbole werden dabei durch Waffensonderregeln, Reichweiten, Hindernisse und Deckung modifiziert. Jeder nicht abgewehrte Angriffserfolg führt zu einem Schadenwürfel
Im Nahkampf gilt Ähnliches, nur versuchen hier beide gleichzeitig, möglichst viele Angriffserfolge zu würfeln. Sieger ist auch hier, wer mehr Erfolge erzielt. Die Differenz zum Verlierer verursacht auch hier Schadenswürfel. Auch hier modifizieren zusätzliche Angreifer und Sonderregeln den Würfelpool.

Anschließend werden Schadenswürfel geworfen, vorbei immer das schlechteste Ergebnis für das Opfer angewendet wird. Dabei kann ein Modell unverletzt bleiben, geschockt werden, oder als exterminated! das Spiel verlassen. Einige Spezialcharaktere verfügen auch über mehrere Lebenspunkte, so dass sie mit Wundenmarkern diese Ergebnisse verhindern können.
Ein geschocktes Modell wird dabei hingelegt und wird im Fernkampf leichter, im Nahkampf praktisch automatisch durch einen weiteren Angriff exterminated!.

So weit, so einfach, dies war die Regelmechanik, wie wir sie auf der Kurzdemo auf der Spiel 2018 in Essen kennen lernen durften.

Die Spielmechanik (fortgeschritten)

Nun wäre aber  Exterminate! kein interessanter Skirmisher, wenn es nur so ein simples Würfelspiel wäre. Dafür sorgen die Szenarien, die Battle-, Adventure, und Recruitment-Karten und die Fate-Marker.

Karten

Grundsätzlich ist Exterminate! szenariolastig. Im Allgemeinen müssen die Vortex-Marker eingesammelt werden, die beim ersten Aufnehmen auch zusätzliche Bewegungen und Angriffe erlauben. Zusätzlich zu den spezifischen Siegbedingungen des Szenarios, für welche Aktionen und Vortex-Marker Siegpunkte vergeben werden, besitzt jede Fraktion noch eigene Siegbedingungen, die auch Siegpunkte einbringen können. Da Daleks und Cybermen beides kriegerische Rassen sind, erhalten sie noch Siegpunkte für jeden ausgeschalteten Gegner und gewinnen automatisch, falls sie den Doctor exterminieren.

Seine Fraktion erstellt sich jeder Spieler anhand der Recruitment-Karten, man einigt sich auf eine bestimmte Kartenzahl, die gespielt wird. Unter diesen sind Anführer, die der Fraktion ihre erwähnten Siegbedingungen einbringen, aber z.b. keine „fremden“ Recruitment-Karten erlauben. Andere Karten zählen als Agent und dürfen jederzeit in die eigene Fraktion aufgenommen werden. Jede Recruitment-Karte gibt an, wie viele Modelle der Spieler mit dem entsprechenden Profil erhält und wie viele Fate-Punkte diese mitbringen.

Die Fate-Punkte sind ein wichtiger Ressourcenpool, die dem Zufall der Würfel entgegen wirken können. Sie erlauben, Würfel nochmals zu würfeln, Under Fire-Marker oder Schock-Zustände aufzuheben oder geschockte Modelle im Nahkampf direkt zu exterminieren.

Die Battle-Cards können Würfe modifizieren, indem sie für zusätzliche gewürfelte Symbole sorgen. Für jede Karte ist genau geregelt, für welchen Wurf sie verwendet werden können. Da man jede Runde seine Hand mit diesen wieder auffüllt, stellen sie einen gewissen Puffer dar, der den eigenen Zug etwas umprägen kann. Bei wenigen gespielten Recruitment-Karten besitzen sie einen recht hohen Einfluss, mit steigender Anzahl der Modelle nimmt die Summe an Würfen so sehr zu, dass ihre Bedeutung sinkt, aber immer noch für eine Überraschung gut ist.

Die Adventure-Cards sind die wohl wichtigste taktische Ergänzung, insbesonders, wenn man andere Fraktionen oder besondere Charaktere spielen will. Die Adventure-Cards bringen einmalige Effekte, Eigenschaften, die man jede Runde einmal verwenden darf, weitere Modelle als Verstärkungen oder Ausrüstungsgegenstände ins Spiel. Mit diesen Karten gibt es zwei verschiedene Spielmodi: Entweder wählt man sich fünf Karten aus, oder man bekommt zufällig fünf Karten zugeteilt. Von Letzterem würde ich abraten, da sehr viele Karten nur von bestimmten Charakteren verwendet werden können. Aber wenn man diese aussortiert, kann das für eine schnelle Partie sehr unterhaltsam sein. Für manche Charaktere und Fraktionen sind diese zentral, da z.B. alle Modelle so eine zusätzliche Regel erhalten oder der Charakter automatisch bestimmte Ausrüstungsgegenstände dabei hat.

Cybermen – die Fraktion

Von den beiden Fraktionen spielen sich die Cybermen etwas direkter. Aufgrund der Karten hat man minimal mehr Modelle und rückt mit diesen langsam und unaufhaltsam vor. Die Feuerkraft ist gut und der Nahkampf ist vernichtend stark, steht man Under Fire und kann nicht schießen, rückt man einfach weiter vor. Zusätzlich kann man diese Under Fire Marker verhindern, wenn man Battle Karten abwirft. Ihr Anführer, der Cyberleader, hat zwar keine zusätzlichen Lebenspunkte, kann sich aber in nahestehende Modelle herunterladen.

Daleks – die Fraktion

Die Daleks spielen sich erstmal sehr seltsam. Einerseits sind sie schneller und besser gepanzert als die Cybermen, dafür aber deutlich schlechter im Nahkampf und nicht wirklich besser im Fernkampf. Wenn sie aber auf ihre Bewegung verzichten, erhalten sie eine vernichtende Feuerkraft, so dass sie sich kaum um die Abzüge durch überweite Reichweite oder Hindernisse scheren müssen. Theoretisch sollten sie also gut als Shoot&Stand oder Fire&Evade spielen lassen. Praktisch verzichten die Cybermen aber gerne mal auf ihre Beschussphase um in den Nahkampf zu stürmen und die Daleks zu überrennen. Auch verhindert ihre Sonderregel Tank, dass sie von Deckung profitieren. Theoretisch können die Daleks sogar noch Under Fire zurückschießen, praktisch kostet sie dies aber zwei Drittel ihrer Feuerkraft. Insgesamt benötigen die Daleks gutes Timing und profitieren auch sehr von der Initiative. Im Szenariospiel bekommen sie eine interessante Note, da sie zwar schnell Szenarioziele erobern und verlegen können, diese dann aber auch halten müssen.

Ein tieferer Blick in den Time Vortex

Wie schon gesagt – die Box enthält Daleks und Cybermen, das Doctor Who Universum ist aber viel größer. Deshalb sind in den Regeln auch gleich die Karten für weitere Fraktionen enthalten, die stärker auf die Adventure-Cards zurückgreifen. Direkt vorgestellt werden dabei die Judoon, die Zygon und die Silence. Für diese Fraktionen sind separate Miniaturen verfügbar, aber schon alle Karten in der Box enthalten.

Die Judoon sind antropomorphe Nashörner und als galaktische Mietpolizei bekannt. Ihre Werte ähneln den Cybermen, nur haben sie einen schwächeren Nahkampf, dafür aber eine höhere Angriffsreichweite und Widerholungswürfel und nehmen auch Gegner im Nahkampf fest, so dass sie schneller ausgeschaltet werden. Da es ihre Aufgabe ist, Verbrecher (also auch alle, die sich gegen sie stellen) zu bestrafen, erhalten auch sie Siegpunkte für jeden Gegner, mit Zusatzpunkten für im Nahkampf besiegte Gegner.

Die Zygon sind Gestaltwandler, die andere Planeten infiltrieren, um sie zu erobern. Ihr Profil wirkt schwach, sie können aber für Nah- und Fernkampf aufgewertet werden, sind tough und durch sneaky immer in Deckung. Ihre Regel Shapeshifter erlaubt es ihnen, im Spiel einen Gegner durch ein eigenes Modell zu ersetzen, der ersetzte Gegner startet dann in seiner Aufstellungszone. Auch sie erhalten Siegpunkte durch ausgeschaltete Gegner, wobei besondere Charaktere Extrapunkte einbringen und sie auch automatisch durch das Ausschalten des Doctors gewinnen können.

The Silence ist ein religiöser Orden, der aus sehr bestimmten Gründen einerseits den Doctor ermorden möchte, andererseits aus genau diesen Gründen sich später mit ihm verbündet. Sobald man einen Silent nicht mehr sieht, vergisst man ihn. Deshalb erhalten sie auch eine Extrabewegung, wenn sie außerhalb der Sichtlinie des Gegners bleiben. Zusammen mit ihrer hohen Geschwindigkeit macht sie dies sehr schnell, aber empfindlich, zusätzlich sind sie noch schwieriger zu treffen. Sie erhalten zusätzliche Siegpunkte für alle Vortexmarker und kontrollieren automatisch jeden Marker, der von keinem Gegner gehalten wird.

Diese drei Fraktionen können als eigene Fraktionen gespielt werden, der Reiz liegt aber darin, mit ihnen als Agents die eigene Fraktion zu ergänzen. Umgekehrt profitieren sie als eigene Fraktionen am stärksten von bestimmten Adventure-Karten. Zu jeder der Fraktionen gibt es bisher eine Box mit drei Sculpts – und damit sind sie zwar teurer als die Daleks- oder Cybermen-Gussrahmen, aber auch variantenreicher.

Aber kommen wir doch endlich zum Posterboy: Dem Doctor und seinen Companions. Für die Boxen des zehnten und des zwölften Doctors und deren typische Companions sind Karten in der Box beigelegt, für den neu erschienen elften Doctor & Companions, sowie diverse Sammelboxen von Doctors liegen die Karten dort bei. Für alle Neuerscheinungen gibt es jeweils Karten und Regeln, für als wichtig empfundenen und hier beschriebenen Boxen sind die Karten direkt in der Exterminate!-Box. Inzwischen sind aber auch für einige ältere Publikationen separate Kartenpacks für kleines Geld erhältlich.
Der Doctor und seine Companions sind eine Elite-Charakter-Fraktion, die nicht auf direkte Konfrontation ausgelegt ist. Jede Recruitment-Karte bringt genau einen Charakter ins Spiel, der eine Fülle an Sonderregeln, Ausrüstung und Fate-Punkten mitbringt. Generell erhalten sie in vielen Szenarien leicht andere Sonderregeln. Da der Doctor (mit seinem Sonic Screwdriver ein sehr formidabler Nahkämpfer) das Leben hoch achtet, erhält man nur für durch Companions ausgeschaltete Gegner Siegpunkte, allerdings bringt jeder überlebender Companion einen Siegpunkt ein.

Schaut man sich die Veröffentlichungspolitik von Warlord an, erkennt man, dass sie die Lizenz sehr ernst nehmen. Exterminate! ist ein prinzipiell spielbares Tabletop in den Kinderschuhen, es bedarf noch mehr Modellen und Regeln, um Varianz zu schaffen und die starke Lizenz auszunutzen. Diese ist zugleich Segen und Fluch, denn die BBC als Lizenzinhaber nimmt Dr. Who sehr ernst. So ernst, dass Warlord schon einen Artikel darüber veröffentlichte, warum dies ihre Veröffentlichungen verlangsamt. Jedes Karte, jedes Modell und jede Verpackungsgestaltung muss von der BBC abgesegnet werden, was manchmal zügig geht, sich aber oft über Wochen zieht. Bisher fokussiert sich Warlord auf die neue Serie, bringt aber auch genug Modelle für Liebhaber der alten Serie, vor allem die vergangenen Doctors und einige deutlich trashige Urdesigns. Auch sind inzwischen nun weitere Modelle für Daleks und (historische) Cybermen erschienen, die nicht nur auf alte Folgen anspielen, sondern auch neue Profile und Karten ins Spiel bringen.

Fazit

Auf mich hat Exterminate! einen positiven Eindruck hinterlassen. Ich empfinde die Spielmechanik als simpel, aber solide und sehe Einiges an Potential. Wenn nun noch mehr Variationen für Modelle erscheinen, könnte es für mich zu einem veritablen Seitensystem anwachsen. Knallharte Taktiker oder Freunde von Massensystemen oder HighEnd-Miniaturen würden wohl eher zu einem anderen System greifen. Das Spiel ist zwar würfellastig, wird aber durch die Kartenmechanismen abgefedert und gerade die Planung mit der Initiative und Modellplatzierung bietet eine überraschende Tiefe.

Die Box kommt sehr brettspielig daher, ist aber ein ausgewachsenes einsteigerfreundliches Tabletop und besitzt ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis. Wenn man sich etwas für die Doctor-Who-Thematik begeistern kann, kann ich diesen szenariolastigen Skirmisher mit niedrigen Schwellen und viel Potential zur Vertiefung vorbehaltlos empfehlen.

Über Christian

Christian begann als Gastautor und bissiger Kommentator, wurde dann Redakteur im Blog und gehört inzwischen zu den "Großen Alten" Trotzdem ist es immer noch für sein zu schnelles Reden bekannt und für seine Klugkoterei berüchtigt. Obwohl er kein Historischer Wargamer ist, ist er einer der "HistoSpacken" der Redaktion. Sein Fokus im Hobby liegt auf Freebooter's Fate, Summoners, Geländebau (aktuell gerade 1:1 Maßstab) und Hobbyphilosophischem. Ganz allgemein spielt er lieber Skirmischer als Rank&File-Massensysteme

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