Hobbytagebuch – Review Dragon Rampant

Hallo und willkommen im Blog,

vor einer Woche habe ich mich mit dem Regelwerk von „Lion Rampant“ beschäftigt. Der Veröffentlichung dieses Regelwerks folgten dann weitere Publikationen für andere Epochen (Kolonialismus, frühe Neuzeit, Prä- & Post-Napoleonik), bei denen der Regelkern für die Bedürfnisse des Spielgefühls modifiziert wurde. „Dragon Rampant“ ist nun das ‚Fantasy Rampant‘ und war 2015 die erste Erweiterung für „Lion Rampant“. Zeit, sich das Buch genauer anzuschauen.

Das Buch – Harte Fakten

Dragon Rampant

  • Autoren: Daniel Mersey
  • Illustrator: Craig Spearing, Mark Stacey, RU-MOR
  • Verlag: Osprey Wargames, 20. Dez. 2015
  • 64 Seiten, broschiert
  • Listenpreis: 12,99 £

Das Buch hat immer noch das typische Osprey-Format und die typische Seitenzahl. Die Bindung ist gut, das Papier satiniert und kräftig. Die Broschur ist solide und dem Preis angemessen. Es ist halt ein dickeres Heft auf gutem Papier, wie es für Osprey so typisch ist. Auch im Layout gibt es nur wenige Überraschungen. Der Seitenrand ist immer noch breit aber durch Anmerkungen und Bilder sinnvoll gefüllt. Wobei, eine ungewöhnliche Sache gibt es dann doch: vollseitige Fantasy-Illustrationen.

Klar kann dieses Mal nicht auf den großen Fundus an historischen Illustrationen aus Ospreys anderen Serien zugegriffen werden. Die Bilder hier zeigen meist sehr dynamische oder interessante Kampfszenen. Die Masse der Abbildungen sind jedoch Fotografien von älteren Fantasy-Miniaturen aus den Sammlungen des Autoren und seiner Kollegen.
Das Buch ist wieder gut strukturiert aufgebaut: auf die Regeln folgen Einheitenprofile, Anführereigenschaften und Szenarien. Abgerundet wird „Dragon Rampant“ dann wieder mit etlichen Beispielen für Armeezusammenstellungen.

Die Regeln und das Spiel

Man merkt „Dragon Rampant“ an allen Stellen an, dass es die direkte Folgepublikation von „Lion Rampant“ ist, auch wenn mehr als ein Jahr zwischen den Veröffentlichungen lag (dazu später mehr zum Nachdenken). Schließlich präsentierte der Autor am Ende von „Lion Rampant“ schon eine Beispielliste für eine Old-School-Fantasy-Armee. Der Regelkern ist identisch, ebenso die Profile der meisten Einheiten. Diese wurden etwas generischer umbenannt. Aus „Mounted Men-At-Arms“ werden da „Elite Cavalerie“, aus „Foot Yeomen“ werden „Light Infanterie“ und aus „Crossbowmen“ „Heavy Missile“. Nur verschiedene „Warbeasts“ werden hinzugefügt, welche für große Monstren wie Drachen, Riesen und Baummenschen oder Tiereinheiten, wie Wölfe oder Riesenratten, verwendet werden. Hinzu kommen aber noch ein paar weitere Optionen für die Einheiten und die sogenannten „Fantasy Traits“. Über diese dürfen bestimmten Einheiten Eigenschaften wie fliegen, Untot oder Spruchwirker verliehen werden. Das kann sehr viel Fantasyflair erzeugen.

Ein weiteres Regelelement, das für mich aus Folgepublikationen intuitiv klar war, bezieht sich mit den „Single Model Units“ oder „Reduced Model Units“ auf die Abstraktion von Modellanzahl und Lebenspunkten. Denn in „X Rampant“ tragen ja einzelne Modelle nicht zum Kampfprofil bei sondern fungieren nur als Lebenspunktmarker und Anzeiger für den „Fussabdruck“ (im Sinne der Raumkontrolle) der Einheit. Hier löst sich „Dragon Rampant“ von der Entsprechung Modelanzahl = Lebenspunkte und erlaubt auch Einheiten aus einem Model (Warbeast, Großer Held) oder wenigen Modellen (Oger, Trolle) aufzustellen. Im Wesentlichen kommt dies der Konvention im historischen Wargame entgegen, Modelle auf Multibases zu setzen und Lebenspunktmarker zu verwenden. Ich finde es aber schön, dass dies hier sehr explizit behandelt wird.

Dies erlaubt dann etliche Möglichkeiten Modelle mit unterschiedlichen Profilen aufzustellen. Je nachdem ob man sich nun eine Ogereinheit als eher behäbig-stabil, wilde Angreifer-Monster oder geländegängige Barbaren-Infanterie vorstellt, sollte man ein anderes Profil wählen. Daher ist „Dragon Rampant“ auch eher ein Spiel, welches auf gesunden Menschenverstand und Absprachen mit dem Mitspieler setzt, anstatt auf hartes Armeelisten-Optimieren.

Der tiefere Blick und was zum Nachdenken

„Dragon Rampant“ ist also ein überschaubares Regelsystem, das dem Spieler Gerüst und Anlass geben soll, vorhandene Fantasy-Miniaturen über die Platte zu schieben. Auch wenn die Grundzüge für „Dragon Rampant“ schon in „Lion Rampant“ angelegt waren und es ziemlich genau in die gleiche Kerbe haut, hilft es, sich vor Augen zu führen, dass dieses Regelwerk Ende 2015 erschienen ist. In diesem Jahr rief Games Workshop die Endtimes für Warhammer Fantasy Battles aus und beerdigte die Alte Welt.  Am 04.07.2015 erschien dann die neue Regeledition – Age of Sigmar. Das Entsetzten und die Häme über das Vier-Seiten-Regelwerk + Einheitenprofile erschütterten damals die Spielerschaft. Andere Rank & File-Systeme machten sich daran, die enttäuschten Kunden aufzufangen, während andere Hersteller mit verschiedenen Spielansätzen in die von GW hinterlassene Lücke stießen. Im Dezember erschien dann „Dragon Rampant“. So ganz kann ich mich also des Eindrucks nicht erwehren, es könnte auch eine schnelle Reaktion auf das Ende von WHFB sein. Interessant ist dabei, dass sich „Dragon Rampant“ mit Squad-basierten Einheiten auf Einzelbases in eine ähnlich Nische wie Age of Sigmar setzt. Eine Nische, in der sich auch Warlords of Erehwon oder Saga – Age of Magic positionieren.
Der klare Ansatz von „Dragon Rampant“ ist dabei, von Seiten der Spielmechanik, ein Low-Fantasy-Ansatz. Egal wie fantastisch der Name der Einheit oder wie abgedreht die Modelle sind: die Profile bleiben bodenständig und sind nur durch die „Fantasy Traits“ angereichert. Mir persönlich kommt das entgegen. Auch der Einfluss der Spruchwirker ist nicht überragend, kann aber schon mal den Unterschied machen. Einige Dinge, die Saga – Age of Magic nach meinem Empfinden seltsam löst, lassen sich in „Dragon Rampant“ eleganter und intuitiver darstellen. Allerdings lebt und profitiert Saga auch einfach von der Würfelmechanik der Battleboards, womit ein spannendes Magiesystem geschaffen werden kann.

Im Wesentlichen besitzt „Dragon Rampant“ damit den Ansatz: „Stelle auf, was du willst, denke aber darüber nach, wie du es darstellen willst“. Es ist einsteigerfreundlich, aber nicht unbedingt ein System für Einsteiger, es sei denn diese werden an den freien „Benutze deinen gesunden Menschenverstand“-Ansatz herangeführt.

Fazit

Ähnlich wie schon „Lion Rampant“ hat mich auch „Dragon Rampant“ überzeugt. Vermutlich werde ich eher mit diesem System meine Untoten, Skaven oder Fäntelalter-Menschen zu einer Armee ausheben, als damals für Saga Age of Magic. Aber schön, dass sich die Modelle dann für beides verwenden lassen. Das System besticht für mich durch seine Zugänglichkeit und dass es vielen meiner persönlichen Präferenzen entgegen kommt. Daher sollte sich eigentlich jeder, der Saga – Age of Magic mag oder Age of Sigmar primär wegen der Figuren und nicht wegen der Regeln spielt, unbedingt „Dragon Rampant“ anschauen.

Spielt ihr auch gerne Fantasyspiele mit kleinen Einheiten? Habt ihr eine Sammlung von 70er/80er Jahre Fantasy-Modellen? Und habt ihr euch schon mal über die fliegende Drachenogereinheit mit Säureatem des Gegners gewundert?

Dann schreibt es uns in die Kommentare!

Euer Christian

Über Christian

Christian begann als Gastautor und bissiger Kommentator, wurde dann Redakteur im Blog und gehört inzwischen zu den "Großen Alten" Trotzdem ist es immer noch für sein zu schnelles Reden bekannt und für seine Klugkoterei berüchtigt. Obwohl er kein Historischer Wargamer ist, ist er einer der "HistoSpacken" der Redaktion. Sein Fokus im Hobby liegt auf Freebooter's Fate, Summoners, Geländebau (aktuell gerade 1:1 Maßstab) und Hobbyphilosophischem. Ganz allgemein spielt er lieber Skirmischer als Rank&File-Massensysteme

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