WdW: Die Black Library und ein alter arroganter Bücherwurm

Hallo und willkommen im Meinungsblog.

Denn egal wie verdorben die Wurst im Tabletophobby auch ist, ich muss meinen Senf dazugeben!
Und liebe Black Library: Wir müssen reden!

…Bitte erläutern sie dies anhand ihrer eigenen Leseerfahrungen… (Disclaimer)

Zur Vorwarnung muss ich sagen: ich war früher sehr leseaffin, lese aber inzwischen sehr selten und wenig, da ich mir nicht mehr die Zeit nehme. Längere Auslandsreisen oder ÖPNV begegnen mir weniger als früher, Kinder, Haushalt, moderne Medien, Tabletopregelwerke und Blogartikel für Magabotato füllen inzwischen die Zeit. Dennoch liegt mir das Lesen am Herzen. Wo ich bei Filmen auch gerne „schlechte“ oder „populäre“ Filme mit Begeisterung gucke, haben (belletristische) Bücher für mich einen Mindestanspruch, der meinen Zeiteinsatz rechtfertigen muss. Das heißt nun nicht, dass ich auf, durch das Feuilleton präsentierte Bücher abfahre. Aber wenn man mich nach meinen Lieblingsbüchern und Autoren fragt, werde ich eher Umberto Eco, John Irving oder Peter Hoeg nennen, als J.R.R Tolkien, G. R.R. Martin oder gar Ken Follett, Steven King und Stieg Larsson – egal wie gerne ich diese dann doch gelesen habe.

Das Corpus Delicti

Ich hatte gerade etwas Zeit, in der Redaktion ging der Hype um die neue Killteam-Starterbox los und ab und zu bekomme auch ich meine masochistische Nostalgie: ich scrollte durch die Games-Workshop-Webseite.
Nach dem ich Killteam abgehakt hatte, mich über Ork-Buggys gewundert und Tankbustaz geärgert hatte, blieb ich bei der Black Libary hängen. Nach kurzem Sortieren und scrollen über die Ciaphas-Cain-Romane (muss ich endlich mal einen lesen, huch, das sind doch ein paar mehr…), blieb ich bei Dan Abnetts Gaunt’s Ghosts-Romanen hängen.

Zu Dan Abnett und den Gaunt’s Ghosts habe ich eine spezielle Beziehung. Ich mag die Gaunt’s Ghosts-Romane, habe die ersten drei Omnibusse alle auf Englisch gelesen (…weil es Spaß macht…) und an prominenter Stelle im Regal stehen.

Ich bin aber kein uneingeschränkter Fan von Abnett. Seine Space Marine Geschichten um die Iron Snakes (primär „Brotherhood of the Snake“) decken sich nicht mit meiner Vorstellung von Space Marines (Hopliten-Phalanx-Taktik ???) und die Ravenor-Trilogie fand ich so schlecht, dass ich das Buch tatsächlich sogar weiterverkauft habe. Und ich gebe Bücher eigentlich nie her.

Gaunt’s Ghosts sind für mich keine typischen WH40K-Romane, sehr wohl aber packende Military Science Fiction. Abnett spielt ja auch, nach eigener Aussage, mit Missionstypen und Klischees, zeigt aber eine Imperiale Armee, die tatsächlich das Gefecht mit verbundenen Waffen führt und mehr tut, als nur den Gegner im eigenen Blut zu ertränken. Der Handlungsbogen des zweiten Omnibus „The Saint“ über vier Romane ist unerreicht und hat wirklich interessante Wendungen. Der dritte Omnibus „The Lost“ muss dagegen abfallen. Es ist aber trotzdem lesenswert, wie das Figurenensemble weiter entwickelt wird – und sei es nur, dass ein kleiner Junge aus dem dritten Band nun in Band Zehn die Grundausbildung antritt.

Die letzten Romane habe ich noch nicht gelesen, da ich auf den Omnibus gewartet habe und mit Wichtigerem beschäftigt war. Offenbar ist nun ein weiterer Omnibus erschienen: „Gaunt’s Ghosts: The Victory (Part One)“. Der genau zwei (!) Romane und ein paar Kurzgeschichten enthält. Ich hatte sogar kurz überlegt, mir statt einer neue Freebooter’s Fate  Liste, alle vier Omnibusse zu bestellen. Meine alten sind ja doch schon ziemlich zerlesen und ich mag intakte Bücher (egal, was meine Frau auch behaupten mag…) Vielleicht sogar noch den nächsten und vorletzten Roman „The Warmaster“…

Und dann schaute ich die Buchinfos an:

Hauptmerkmale

….

  • Includes major changes and surprises that will be sure to delight and shock fans of the series

 

READ IT BECAUSE

It’s been a long time, but Gaunt’s Ghosts are back! After the dangers of Salvation’s Reach, the Tanith are thrown into something new and different for them, but just as dangerous as their previous adventures…

Nicht viel besser war es dann beim Omnisbus „The Victory (Part 1)“

READ IT BECAUSE

These two novels and four short stories throw the Ghosts into danger once again and will set you up nicely to move on into The Warmaster and The Anarch.

Ich betone: Wir reden hier vom vierzehnten Band einer Romanserie, die seit 1999 läuft, bzw. vom vierten Sammelband. Ich verstehe wenig von Marketing und Games Workshop versteht sehr viel davon. Ich behaupte aber, GW versteht hier sein Zielpublikum nicht, welches hier wohl vor allem Bestandskunden sind – und nicht irgendwelche Jugendliche, die nach der Veröffentlichung des zweiten Omnibus (also 2004!) geboren wurden. Ich verstehe das Problem von Gatekeeping, und dass man auch neue Leser an solche Romane heranführen muss – und das tut die Black Library sehr gut im Text der Gesamtausgabe. Aber ich will als anspruchsvoller Leser jenseits der 39 nicht vom Herausgeber erklärt bekommen „warum ich dieses Buch lesen sollte“. Vor allem, weil er schon die Frechheit besitzt, nur zwei Bücher zu einem Omnisbus zusammenzufassen. „Twilight“ und „Mockingjay“ lassen grüßen…

Und wisst ihr, was mich am meisten nervt: Es ist nicht die paternalistische Anbiederung oder die „moderne“ Präsentation dieser Romane, die von einem mittelalten Mann (Jahrgang 1965) primär für mittelalte Leser geschrieben wurde. Sondern viel mehr das komplette Aussparen des Erscheinens des Fünfzehnten und vermutlich letzten Gaunt’s Ghosts-Roman „The Anarch“ von 2019.  Eine Info, die ich nach fünf Minuten suchen auf der Seite noch nicht gefunden hatte, mich aber auf Wikipedia und der Datenkrake Amazon keine 30 Sekunden kostete. Das wären ja vielleicht hilfreiche Informationen gewesen. Auch, dass dieses Buch wohl gerade vergriffen ist.

Ich werde jetzt warten, bis der nächste Omnibus „Victory Part 2“ erscheint und bewaffnet mit einer ISBN einen Buchfachhändler aufsuchen… sicher nicht die Black Library! Und ja, ich weiß, dass dieser Artikel am Ende auch Publicity für die Black Library ist.

…Vorhang zu und alle Fragen offen?

Aber wie schon gesagt: Wenn ich die GW Homepage aufrufe, erwarte ich eine masochistische Erfahrung. Und das mal ausnahmsweise nicht, weil es immer noch die Ork Tankbustaz von 2005 gibt, die ich schon damals nicht mochte!

 

… wenn ich überlege, wie viele Seiten Literatur ich hätte lesen können, wenn ich nicht spontan diesen Blog hätte schreiben müssen/wollen …

Eure Christian

 

Fandet ihr diesen Ausbruch unterhaltsam oder sind GWs Firmenpolitik, Modelle und Marketing sakrosankt? Was haltet ihr von der Black Library, Dan Abnett und den Gaunt’s Ghosts?

Ich freue mich auf eine rege und konstruktive Diskussion.

Über Christian

Christian begann als Gastautor und bissiger Kommentator, wurde dann Redakteur im Blog und gehört inzwischen zu den "Großen Alten" Trotzdem ist es immer noch für sein zu schnelles Reden bekannt und für seine Klugkoterei berüchtigt. Obwohl er kein Historischer Wargamer ist, ist er einer der "HistoSpacken" der Redaktion. Sein Fokus im Hobby liegt auf Freebooter's Fate, Summoners, Geländebau (aktuell gerade 1:1 Maßstab) und Hobbyphilosophischem. Ganz allgemein spielt er lieber Skirmischer als Rank&File-Massensysteme

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11 Comments on “WdW: Die Black Library und ein alter arroganter Bücherwurm”

  1. Ich mag die Warhammer 40.000 Romane… aber als G’Wullu Heyne die Lizenz entzog, war der Spaß vorbei. Es wurde zur Qual an die Sachen zu kommen und irgendwie verließ mich die Lust. Ich hatte auch das Gefühl, dass die Qualität der Übersetzungen in den Keller gingen. Aber ich habe noch alle Romane. Auch die, die mit den relativ bunten Umschlägen erschienen sind und heute nicht mehr erwähnt werden.

    Inquisitor
    Space Marine
    Harlekin
    Genräuber
    Kind des Chaos

    Nur neue kaufe ich keine mehr…

  2. Moin,

    ich habe ein paar GW-Romane gelesen, im heutigen Alltag geht es mir aber wie Dir: Ich nehme mir höchstens nochmal im Urlaub die Zeit dafür und dann ist es selten Literatur, sondern immer häufiger Fachbücher (aktuell wartet die aktuelleste deutschsprachige Biographie von Cromwell auf mich).

    Gaunts Geister habe ich bis zu den Erscheinungen um 2010 gelesen, glaube ich, und dann für ein Heidengeld über eBay verkauft (damals waren fast alle Out of Print). Eisenhorn habe ich die ersten zwei gelesen und dann abgebrochen. Von WF habe ich ebenfalls einige gelesen und fühlte mich von den wirklich flachen Gotrek und Felix – Romanen gut unterhalten.
    Aktuell habe ich über Humble Bundle vermutlich so 40,-50 noch als eBook „rumliegen“.

    Alles in allem bietet die Black Liberay für mich Unterhaltung auf Groschenheft-Niveau (prima für für S-Bahn oder vielleicht den Strand, wenn man sich nicht richtig konzentrieren kann) und da bietet Abnett gelegentlich eine Ausnahme, in positiver Hinsicht (der ersten Geister-Romane), interessanterweise aber auch im negativen ( Malus Darkblade gehört wirklich zu den schlechtesten Romanen, die ich jemals aufgeschlagen habe).

    Alles in allem überwiegt für mich der Schund in der Black Liberay deutlich. Der gut mich einizig halbwegs faire Vergleich zu dem einzigen Fantasy-Universum mit ähnlich vielen Autoren und Erscheinungen, dass ich kenne, dem Schwarzen Auge, verliert GW deutlich. Auch wenn dort auch wenig echte Perlen dabei sind (die teilweise vor 20 Jahren erschienen), so war das Nivea insgesamt doch höher (die ganz aktuellen Sachen kenne ich allerdings nicht mehr).

    1. Puh, so viele Themen:
      Also was das Universum angeht muss man natürlich noch Perry Rhodan (DSA ist halt nur zweigrößtes Universum ) , die alten BattleTech-Romane (laut M.Mingers höhere Auflagen und Verkaufszahlen als Star wars) und im englischen die WildCard (Herausgeber GRRM ) erwähnen, die alles sehr groß sind.

      Mir geht es auch wirklich nicht um literarische Qualität, sondern um die Produktpolitik.

      Abnett kann viele Perlen und einige Ausrutscher haben, bei Graham McNeill oder William King ist es halt anderesrum. Geschmacksfrage. Buchsnob Beispiele folgen noch.
      Aber die Produktpolitik und das Marketing einer so alten Serie geht halt an mir vorbei.
      Und wenn ich mich beruhigt habe, werde ich auch kaufen, weil ich Completionist bin. Aber halt mit weniger Marge für GW.

  3. Moin, es war sehr schön deinen Artikel zu lesen, der meinem persönlichen „Old and Grumpy“ Dasein entspricht und das noch vor erreichen der 40er.

    Mit den Geistern bin ich in der 40k Welt groß geworden, habe allerdings als Abnett die Frechheit besaß einen meiner Lieblinge sterben zu lassen nicht weiter gelesen.

    Als die Reihe mit Nachdrucken der letzten zwei Romane und einem neuen Roman weiterging habe ich das Sammeln der Reihe wieder angefangen und auch einige alte Bücher über Tauschbörsen, Rebuy oder Medimops gebraucht erstanden… Allerdings noch nicht wieder weiter gelesen.
    Über Hörbücher versuche ich die Reihe erneut in Angriff zu nehmen.

    Gefreut habe ich mich sehr als vor Kurzem endlich neue Modelle der Geister erschienen sind. Diese werde ich in ein Diorama setzten das zwischen den Büchern im Regal seinen Platz haben soll.

    Nervig finde ich das mit dem ersten Roman „Der Sabbatkrieg“ eine Sammlung von Kurzgeschichten erschienen ist, die man erst lesen sollte wenn man durch ist mit der Reihe, da sie direkt nach „Der Anarch“ ansetzt.

    Um die Übersicht im 40k-Bücher-Universum zu behalten kann ich nur die folgende Seite empfehlen https://www.librum-40k.de/
    Nicht nur das es Ausblicke auf kommendes gibt, die Bewertungen der Bücher kommen meinem eigenen Eindruck und Geschmack tatsächlich sehr nahe.

    Mein großes Problem ist meist allerdings bei langen Reihen wie „Gaunts Geister“ oder mit Inhalt vollgestopften Reihen wie „Ravenor“, „Eisenhorn“ oder außerhalb von 40k „Die Zwerge“ oder „A Song of Ice and Fire“ Inhaltlich die Übersicht zu behalten.

    Wie geht dir bzw. den Anderen Kommentatoren das?

    1. Die Frechheit besaß ihn sterben zu lassen ….

      Je nachdem welchen der beiden Großen du meinst: Abnett meint, dass es immernoch böse Briefe deswegen bekommt. Tja, im Krieg sterben halt Leute…auch durch Verbündete

      Zumindest sind die da dann ein paar gute Romane entgangen, und falls du den Toten aus The Guns of Tanith/ Die Feuer von Tanith meinst. Da wird ja das Messer noch ein Buch in der Wunde weiter gedreht, bis es sich im letzten Band des Zyklus befriedigend auflöst

      Was den Umfang von Handlungen angeht: Ein gutes Gedächtnis hilft. Ich bin aber auch Fluff-Bunny, der gerne komplexe Hintergründe ließt. Und bei ASoIaF: die Buchsnob Community auf YouTube. Die finden immernoch Dinge, die zu interpretieren und erläutern sind.

      1. Ja, es sterben andauernd Soldaten und beliebte Charaktere. Aber wir du sagst, es sind halt Soldaten im Krieg. Dafür kommen aber auch neue dazu und andere entwickeln sich weiter. Und ganz ehrlich…mindestens einem wünsche ich einen graußamen Tod.

        Tatsächlich war es der Tod des zweiten Großen nach dem ich raus war.
        Mittlerweile bin ich aber reifer und älter „hust“ als ich es beim ersten Lesen der Reihe war und werde darüber Hinweg kommen und weiter lesen.

  4. Servus,

    habe einige der alten Warhammer-Romane gelesen. Gortrek & Felix, die Orfeo-Trilogie (so alt, da erinnert sich sicherlich niemand mehr dran) und Drachenfels. W40k-Romane waren mir immer zu Dosenlastig. Zugegebenermaßen, es war nie wirklich die hohe Kunst der fesselnden Literatur-Unterhaltung, aber es spielte eben in der Warhammer-Welt.

    Zu meinen Lieblingsautoren gehören schon eher Walter Scott, Bernard Cornwell (Unbedingt lesen: Der Winterkönig!), Anthony Burgess und George Orwell. Sogar Tolkien finde ich große klasse, jedoch mehr wegen der Fantasy-Welt, als wegen des Schreibstils. Das Silmarillon war sehr schwierig/ zäh zu lesen und der Hobbit doch recht simpel (klar an Kinder gerichtet) geschrieben.

    Ein „Read it because…“ scheint mir für Leute geeignet zu sein, denen die Romanvorstellung auf der Rückseite oder im Einband noch zu lang sind!? Ich brauche es jedenfalls nicht für eine Kaufentscheidung. Ich mache keinen Hehl daraus, dass mich die GW-Neuerscheinungen der letzten Jahre (insbesondere die Age-of-Sigmar-Romane) eher gruseln, als reizen. Daher reichen mir die Leseproben (Realmgate Wars – Weiß nicht mehr welches Buch der Reihe) dieser Exemplare völlig aus, meine Zeit und Muße eher anderen Perlen zu zuwenden.

    Von den Gaunt’s Ghost-Reihe hört man bis jetzt nur Gutes. Vielleicht uss ich irgendwann da auch nochmal reinlesen!

    1. Die kurze Frage sei bitte (off-topic) erlaubt:
      Ich verstehe die Summenrechnung eurer neuen Umfrage nicht ganz.
      Wenn ich die Einzelbewertungen zusammenrechne komme ich auf 63 Votes.
      Eure Gesamtberechnung liegt aber bei: Total Voters: 26.

      Nicht, dass es jetzt für mich fundamental wichtig wäre eine Aufklärung zu bekommen, aber es ist Freitag nachmittag und die meine Aufmerksamkeitsspanne auf Arbeit hat etwas nachgelassen. Im Gegenzug wurde mein wochenendlicher Detektiv-Spürrsinn geweckt.

      Ein schönes Wochenende wünsch ich euch noch!

    2. zu den Gaunt’s Ghost: Erwarte bitte nicht zu viel, gerade in den ersten Romanen versucht Abnett noch seine Formel zu finden. Ich würde bei Interesse schon vorne anfangen, aber der dritte Roman „Nekropolis“ ist für mich er erste „richtige“ Roman, zu Mal er da viel der später wichtigen Figuren einführt.
      Als Stand-Alone Roman würde ich „Die Feuer von Tanith“ empfehlen, auch wenn da einer der größten Twist drin ist, die Leser und Kommentatoren Abnett immernoch übelnehmen.

      Nicht von „Ghostmaker“ verwirren lassen – die Handlung spielt oft vor dem ersten Band, aber ist vor allem eine episodenhafte Vertiefung schon bestehender Charaktere.

      Alles in allem keine Hochliteratur und auch keine Klassiker wie die von dir wohl geschätzten Sharp, Ivanhoe oder Wavely-Romane

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