Musicals und der Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg

Unsere „Worte der Worte“-Artikel sind nun eher von der persönlichen Erfahrung mit dem Tabletop-Hobby geprägt, manchmal auch hobby-philosophische Essays. Nie hingegen sind sie kulturelles Feuilleton. Zeit diese Regel über Bord zu werfen…

In alle den langen Jahren interessierte mich Historie sehr und historisches Wargaming weniger. Aber steter Tropfen höhlt den Stein. Generell (wie manch anderer „echter“ historischer Wargamer) kann ich aber mit der „Dreispitz und Musketen“-Ära wenig und mit Napoleonik gar nichts anfangen. Sogar historisch fand ich den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg eher unterinteressant. Für uns Europäer ist der sowieso höchstens ein Vorgeplänkel zur Französischen Revolution, Napoleon und dem „Langen 19. Jahrhundert“ 1789-1914. Da tun die berüchtigten hessischen Söldner und ein mäßiger Mel-Gibson-Film nichts zur Sache.

Aber dann schaute ich im Sommer 2021 endlich die Streamingaufzeichnung von „Hamilton“

Kulturelles Phänomen und Disneys Goldesel

Hamilton – das Musical über einen der Amerikanischen Gründungsväter, Gründer der Nationalbank und Duell-Opfer.
Hamilton  – das Musical von 2016, welches 2020 nach seiner Veröffentlichung auf Disney+ zu einem Anstieg der Downloadzahlen um 60% führte.
Hamilton – ein Hip-Hop-Musical mit überwiegend „People of Color“-Darstellern, welches den Aufstieg eines karibischen Immigranten zum Kommandanten, Finanzminister und Gründervater zeigt, der jäh durch ein Duell mit dem Vizepräsidenten ums Leben kam.
Hamilton – das Musical, bei dem es in den USA schon beinah eine politische Aussage wurde, ob man es ansah oder sich aktiv weigerte.

Und Himmel hat dieses Musical mein Interesse für die frühe Geschichte der Vereinigten Staaten geweckt. Mir war nicht bewusst wie viele der Konflikte, welche die USA über den Bürgerkrieg bis heute beschäftigen, schon in der Gründung mit angelegt waren. Alexander Hamilton war „Aide-de-camp“ unter General Washington, Battalionskommandant in der Schlacht von Yorktown und später „Inspector General“ der US-Armee. Also wurde mein Interesse an diesem Konflikt geweckt – und ich werde euch nun mit Zitaten aus dem Musical bombardieren.

Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg

„How does a ragtag volunteer army in dire need of a shower

Somehow defeat a global superpower?

How do we emerge victorious from the quagmire?

Leave the battlefield waving Betsy Ross‘ flag higher?“

Hamilton „Guns And Ships“

Lassen wir mal die ganze patriotische Romantik und Mel-Gibson bei Seite. Der Konflikt war geprägt vom Aufstand schlecht bezahlter Milizen und Regionaltruppen gegen eine disziplinierte High-Tech-Armee, die von ihren Stützpunkten aus die Rebellen besiegen wollte. Kennzeichnend ist auch, das die „Continentals“ unter Washington eben nicht „ordentlich“ wie die Berufssoldaten in den europäischen Kabinettskriegen kämpften – vor allem weil sie es nicht konnten. Umgekehrt hatten viele im French&Indian-War (als Teilkonflikt des Sieben-Jährigen-Kriegs, dem streng genommen ersten globalen Konflikt) schon von den Amerikanischen Ureinwohnern Raid-Taktiken übernommen, und mit den „Minutemen“ wurden schnell zu mobilisierende Milizen geschaffen. Um nicht am Ende zu verlieren, mussten sie nur verhindern, dass die Briten gewinnen können.

We cut supply lines, we steal contraband

We pick and choose our battles and places to take a stand

Hamilton „Stay alive“

Die große Wende im Konflikt zu Gunsten der Aufständischen kam aber vor allem durch den Kriegsseintritt einer anderer Großmacht. Frankreich war durch Geld, Seemacht und dann auch eigene Truppen auf Amerikanischem Boden der Schlüssel zum Sieg. Aber auch Spanien (in Florida) und sogar die Niederlande (ganz am Rande durch den Britisch-Niederländischen Seekrieg) schwächten die Britische Kolonialmacht. Am Ende waren die Truppen vor Ort militärisch geschlagen und das Kosten-Nutzen-Verhältnis für diesen Krieg nicht mehr zu rechtfertigen.

There’s only one way for us to win this

Provoke outrage, outright That’s right!

 

Don’t engage, strike by night

Remain relentless ‘til their troops take flight

 

Make it impossible to justify the cost of the fight

Hamilton „Stay alive“

In vielerlei Hinsicht verblasst der Konflikt im Vergleich zu den größeren Konflikten, die danach folgten, ist aber dennoch präsent – und sei es nur weil er von Amerikanischen Historikern und Wargamern hoch und runter gebetet wird. Der „Queen Ann’s War“ (2. French-Indian-War, der amerikanische Teilkonflikt des Spanischen Erbfolgekriegs) oder der Krieg von 1812 sind vielen weniger präsent, und dennoch auch hoch interessant. Schließlich haben in letzterem die Briten mal das Weiße Haus angezündet.

Umgekehrt zeigt der Konflikt auch einen deutlichen Epochenwechsel, weg von den „kleinen“ und professionalisierten Heeren der 18. Jahrhunderts. Ich bin kein Militärhistoriker und kann deswegen nicht aufführen welche Lektionen aus diesem Konflikt alle nicht gelernt wurden. Geprägt vom unzugänglichen Gelände waren Überfall und Kleinkriegstaktiken ein wichtiger Faktor. Ein weiterer Grund sich mehr auf Skirmisher-Begegnungen als die großen Belagerungen und Schlachten zu konzentrieren.

Musical aus und alle Fragen offen ?

Sei es, wie es ist: ich kann empfehle das Musical mal anzuschauen. Auch wenn man nicht historisch interessiert oder HipHop-Fan ist. Man sollte nur damit zurechtkommen das George Washington schwarz und die Handlung natürlich historisch nicht ganz korrekt ist.

Aber mich hat Hamilton tatsächlich für den Unabhängigkeitskrieg begeistern können. Genug um mir Mal „Muskets & Tomahakws“ anzuschauen und mir Ospreys „Rebells & Patriot“ zu besorgen. Mal schauen, wann ich dazukommen meine ersten Truppen auszuheben. Nordhessische Söldner, Native American-Verbündete der Briten und Continental Milizen haben schon einen ganz eigenen Charm.

Was haltet ihr vom Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg? Plant ihr die deutsche Version von Hamilton in Hamburg zu besuchen? Oder auf welchem seltsamen Weg wurden schon euer Interesse an historischen Konflikten geweckt.?
Schreibt es uns in die Kommentare.

Über Christian

Christian begann als Gastautor und bissiger Kommentator, wurde dann Redakteur im Blog und gehört inzwischen zu den "Großen Alten" Trotzdem ist es immer noch für sein zu schnelles Reden bekannt und für seine Klugkoterei berüchtigt. Obwohl er kein Historischer Wargamer ist, ist er einer der "HistoSpacken" der Redaktion. Sein Fokus im Hobby liegt auf Freebooter's Fate, Summoners, Geländebau (aktuell gerade 1:1 Maßstab) und Hobbyphilosophischem. Ganz allgemein spielt er lieber Skirmischer als Rank&File-Massensysteme

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