Bretthart: Im Drachen-Labyrinth

 

Ich komme zwar leider selten zum Spielen, bin aber großer Brettspielfan. Neben den Regeln und dem Thema eines Spiels, finde ich auch immer die Ausstattung spannend, die grafischen Komponenten, die Haptik der Materialien und wie sich alles in einer Schachtel als Rundumpaket zusammenfügt. So stöbere ich immer gerne auf Flohmärkten oder in Second-Hand-Läden nach alten Schätzchen und möchte hier ab und an ein Altertümchen präsentieren.

Im Drachen-Labyrinth

Es ist das alte Lied: mehr oder weniger heldenhafte Mittelalter-Gestalten stürzen sich in einen Dungeon, töten Monster um Schätze zu erhalten und fliehen mit der Beute zurück an die Oberwelt. Willkommen im Drachen-Labyrinth!

Das hier vorliegende Spiel „Im Drachen-Labyrinth“ wurde 1986 von ASS in Deutschland veröffentlicht. Die Original-Vorlage „Dungeon!“ dagegen stammt aus dem Jahr 1975 und wurde von TSR als vereinfachte Brettspiel-Version von Dungeons&Dragons auf den Markt gebracht.

Das Spielprinzip ist aus heutiger Sicht denkbar einfach. Jeder Held für sich (in der Basis-Version gibt es nur die Charakterklassen Held und Elf zwischen denen man wählen kann) startet in der Mitte des Spielplans mit seinem Meeple, kann sich pro Runde in einen der Kerkerräume begeben und trifft dort auf ein zufällig per Karte gezogenes Monster. Und klar, natürlich treffen wir hier auf die üblichen verdächtigen wie Goblins, Trolle, Mumien, Zombies, grünen Schleim und Vampire.

Looten und Leveln

Über seine und entsprechende Profilwerte des Monsters entscheidet ein Würfelwurf, ob der Held das Monster niederstrecken kann. Falls nicht, schlägt das Monster zurück und ein Fluchtwurf entscheidet über das Schicksal des Abenteurers. Kann er ausweichen oder wird er gar getötet?

Wird das Monster besiegt, legt man einen Grabmarker in dessen Raum, denn: pro Raum taucht in jeder Runde nur ein Monster auf, danach ist der Raum leer. Für das Besiegen eines Monsters erhält man eine zufällig gezogene Schatzkarte. Unter diesen Karten befinden sich Schätze verschiedener Goldwerte, die man benötigt, um das Spiel gewinnen zu können. Wer als erster mit einer bestimmten Summe X (abhängig vom gespielten Charakter) wieder aus dem Dungeon flüchten kann, gewinnt das Spiel!

Schätze können aber auch neue Ausrüstungsgegenstände sein, die den Abenteurer verstärken oder auch Zaubersprüche. Besiegt man ein Monster nicht und muss den Raum verlassen, wird die Monsterkarte neben das Spielbrett gelegt und Raum sowie Monster werden mit einem Zahlen-Marker versehen, um den Kampf später wieder aufnehmen zu können. In der Ur-Version des Spiels wurden noch beim Spielaufbau sämtliche Schatz- und Monsterkarten auf dem Spielfeld verteilt, was die Vorbereitung langwieriger und das Spielfeld unübersichtlicher gestaltet hat.  Auch die erste deutsche Version „Verlies“ von Parker hatte noch dieses System aufgegriffen.

So kämpft man sich im Dungeon immer weiter in die äußeren Räume vor, die tieferen Ebenen entsprechen, eigene Kartenstapel haben und deren Monster immer stärker werden – aber deren Schätze auch wertvoller sind!

Die Regeln

Das alles ist noch ein relativ simpler Würfelspaß ohne großen Tiefgang. Für diesen sehr frühen Dungeoncrawler – wenn nicht sogar einen der ersten seiner Art – kommt das Spiel aber mit erweiterten Regeln daher, was seinerzeit alles andere als üblich war. In der Variante für Fortgeschrittene stehen weitere Heldenklassen zur Verfügung, man kann auch unter den Spielern gegeneinander kämpfen und hat die Möglichkeit während des Spiels eroberte Schätze zu sichern, um nicht plötzlich alles zu verlieren. Dies steigert den Wiederspielwert natürlich enorm!

Das Regelheft ist mit 8 vollgeschriebenen A4-Seiten dabei relativ umfangreich. Ich liebe die Optik von einfarbig (braun) auf buntem Papier (gelb) gedruckten Drucksachen!

Ein Spiel mit Vergangenheit – und Zukunft?

Kann das Spiel heute noch begeistern? Das Prinzip wurde definitiv häufiger aufgegriffen und ausgebaut. Erst auf dem letzten Redaktionstreffen hatten wir „Die Legende des Sagor“ gespielt, das im Grunde sehr ähnlich funktioniert… nur mit terrorisierendem Sprachcomputer. Talisman, Heroquest oder auch Munchkin… das Prinzip bleibt ähnlich. Die simple W6-Mechanik (wirf über Wert X) muss man heute wohl als veraltet bezeichnen, aber gerade für Kinder ist es sehr simpel und als Einstieg in die Welt der Fantasy- und Dungeon-Spiele nicht verkehrt. So wurde das Spiel von Wizards of the Coast erst 2014 wieder in seiner Ur-Version ohne merkliche Veränderungen aufgelegt, mit kindlicheren Grafiken, einer Altersempfehlung ab 8 Jahren und einer durchschnittlichen Spieldauer von 30 Minuten ausgestattet.

Das Ballancing der einzelnen Charakterklassen lässt sich über die groben Mechaniken kaum perfekt angleichen. Spielt man die Basisversion, findet kaum Interaktion zwischen den Spielern statt. Erlaubt man das Bekämpfen der Spieler untereinander, kann diese Mechanik das Spiel dominieren. Herumstreunende Monster machen das Spiel weiter unvorhersehbarer. Aber allein die Tatsache, dass das Spiel mehrfach neu aufgelegt wurde, bei Kritikern immer recht gut weggekommen ist und in diversen Top-Listen als Klassiker mitgeführt wird, macht „Im Drachen-Labyrinth“ bzw. „Dungeon!“ zu einem Fantasy-Klassiker, der vielen Dungeoncrawlern als Vorbild gedient und deren Weg bereitet hat.

 

Historie des Spiels in der englischen Wikipedia: Dungeon!

3 Comments on “Bretthart: Im Drachen-Labyrinth”

  1. Das Spiel hatte ich nie auf dem Schirm, was ich wenn ich das hier sehe sehr schade finde. Danke für die tolle Vorstellung und wenn ihr noch mehr solcher Schätze habt könnte ihr solche Vorstellungen gerne öfters machen 🙂

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