Hobbytagebuch: Geheimprojekt – die Acryl-Spielmatte

Hallo und willkommen im Blog. Wer in den vergangenen Monaten im Stammtisch, dem Livemalen oder auf Instagram gut aufgepasst hat, hat vielleicht mitbekommen, dass ich immer wieder von einem „Geheimprojekt“ sprach. Ich habe damit experimentiert, wie man aus Grundmaterial, Geländebautechniken und Maleracryl eine Spielmatte bauen kann.
Auch wenn dieser Blog unter Basteln, Geländebau und Hobbytagebuch fällt, geht es hier weniger um „hier ist eine Bastelanleitung“ oder „guck mal was ich Geiles gebaut habe!“. Mir geht es hier um Inspiration und den Prozess einer Machbarkeitsstudie.
Das was Seppel und ich immer gerne als „Jugend mittel alter Mann forscht“ bezeichnen.

Ich bin nicht der erste, der Maleracryl auf eine Spielmatte gestrichen hat.  Wir stehen immer auf den Schultern untergegangener Riesen, auf Jeden, der eine große Idee der in die Welt brachte, kommen ein Dutzend andere, die auch an der Idee arbeiteten, aber eben nicht bekannt wurden, einen leicht unpopuläreren Ansatz wählten, oder 90% der Grundlagenarbeit leisteten, aber denen die letzten 10% zum Durchbruch fehlten – auf die dann ein Andere kam.
Und der sitzt dann im Interview, und freut sich, dass alle Welt, die Idee Brot in Scheiben zu schneiden und dann zu verkaufen, so toll finden.

Ich wähle dieses Beispiel weil
a) ich aus einem Bäckerhaushalt komme, einen Allesschneider in meine Küche eingeplant habe und geschnittenes Brot nicht gut haltbar ist
b) Ich es liebe Spielmatten zu hassen

Der lange Weg des Mattenhassers Christian

Versteht mich nicht falsch – ich erkenne die Bedeutung die Spielmatten seit über 10 Jahren in unserem Hobby haben voll und ganz an. Ich spiele selbst lieber Turniere auf einer Matte, als auf einem nackten Tisch. Ich sehe die Vorteile für Turnierorganisatoren und alle Spieler, die keinen kompletten Spieltisch lagern können. Ich mag die Vielfalt und die Kreativität, welche die Designer  in ihre Entwürfe stecken können und  ich mag auch die Pappbodenpläne, die in manchen Starterboxen zu finden sind. Matten sind praktisch!
Und dennoch ist mir noch keine Spielmatte in meine Hobbysammlung gekommen! Die Ironball-Matte ist klein und gehört meiner Frau und die Dropzone-Kacheln passen super zu den Pappgebäuden und sind keine Matten!

So praktisch und optisch ansprechend viele Matten auch sind, fehlt mir die Textur. Als Hintergrund unter  einem Tisch voller Gebäude stört es mich weniger, aber sobald größere Flächen offen sind, fällt es mir extrem auf. PVC-Matten sind mir viel zu glatt und haben ja das Ausrollproblem, Mousepad-Matten sind zwar schöner, aber mir immer noch zu flach. Aber was wäre, wenn es Matten gäbe, die im ± 5 mm  Bereich Texturen hätten, ähnlich wie eine einfache Spielplatte? Das wäre doch praktisch?

Grundlagen – der lange Weg des Scheiterns

Schon seit Jahren  (TWS war nicht ganz unschuldig) verfolgte mich die Idee einer Grasmatte. Aber Malervliesmatten sprachen mich nicht an. Jedes Mal, wenn ich im Baumarkt an den Kunstgrasteppichen vorbeiging, juckte es mich. Bis ich ein Sonderangebot für einen 2x1m Zuschnitt fand, aus dem ich ein Probestück und dann eine 90 x 90 cm Matte basteln wollte. Denn einfach „pur“ war mit das Gras zu langweilig, da musste noch Erdstruktur, anderes Grasstreu, Flock und ein paar Steine drauf!
Also legte ich in der Spätsommersonne mit viel Acrylfarben, Leim und Sand und dann im nächsten Schritt Leim, Flock und Grasstreu los, bis das ganze Probestück großzügig mit Tiefengrund behandelt wurde.

Dabei lernte ich ein paar Dinge

– die Matten sind nicht wasserdicht und die Acrylfarbe suppte gerne durch
– die Struktur nimmt nur sehr schlecht die Farbe an
– die Matte nimmt aber mehr Sand, Leim und Streu auf, als man denkt…
– und bleibt dabei doch recht flach
– die ganze Mixtur macht die Matte aber viel zu steif, so dass man sie am Ende nicht mehr gut rollen kann.

Zum Ausprobieren gehört einfach aus das Scheitern, die Matte deckt jetzt Holz mit ab….
Aber ich habe noch eine Grasmatte  übrig!

Der Moment der Inspiration

Lustigerweise kann ich wenig mit den Geländebau-Youtubern anfangen, gerade mit den vielen englischsprachigen Kanälen. Videos sind toll um Prozesse, Arbeitsschritte und Fortschritt zu zeigen, aber sind mir zu ..langsam… um Konzepte vorzustellen (..ich lese sehr schnell…)
Aber durch Zufall kam ich auf ein Video von BlackMagicCraft. Jeremy experimentierte da mit einem Mateial, das ihm nicht wirklich bekannt war, das er nicht besonders treffend beschrieb und von dem er im Rahmen der Einschränkungen ganz begeistert war. Mir kam es aber dank 1:1 Massstab-Geländbau sofort bekannt vor: handelsübliches Maleracyl.

Und statt es ein eine Form zu steichen und fünf Tage zu warten, das es aushärtet, könnte man es doch auch direkt auf einen Laminatfussboden streichen…und mit Strukturrollen bearbeiten und mit Gras verzieren.
Dummerweise stelle ich nach meinen ersten Experimenten fest, das Jeremy dazu auch kurz danach ein Video  gemacht hatte
How to Make an Awesome RUBBER GAMING MAT for Cheap!
Und das ich mit meinen Experimenten natürlich nicht allein war
Amazing Homemade Textured Battle Mat

Das hielt mich aber nicht davon ab, das Rad speziell für meine Bedürfnisse neu zu erfinden!
Der erste Schritt war eine Machbarkeitsstudie. Mein Beruf hat nun Mal mit Entwicklungsprojekten zu tun….

Wie verhält sich Acryl, wenn man es auf Pappe oder einen Laminatfussboden aufbringt? Wie gut mischt es sich mit Abtön-Farbe oder Sand?  Das es überstreich bar ist, war mir klar, aber wie gut klappt das mit unseren Modell-Acrylfarben?

Ein paar Tests später war dann auch klar, dass sich Maleracryl gut mischen und färben lässt, man es angetrocknet gut mit einer feuchten Strukturrolle bearbeiten kann, es sich gut mit Speedpaint und Tusche färben lässt und auf dem Grundmaterial auch rollbar bleibt.

Zeit also einen ernsthaften Prototyp zu bauen. Im Baumarkt entdeckte ich 4 m² Restmaterial an Laminatfussboden in einer angenehmen Dicke, der gleich noch ein praktisches 10 cm Quadratraster auf dem Rücken hatte, was den Zuschnitt mit der Universalschere erleichtert.

Spielmatte: 40×40 cm, Necropolis

Mein Gedanke war, erst Mal eine kleine Matte zu bauen, dafür bot sich Necropolis an. Ja, Necropolis sieht sich als Diorama-Skirmisher, Nein, Necropolis kann man auch auf einer Matte  mit passendem Gelänge spielen, das steht so auch im Regelbuch., Nein, die Tabletop-Polizei hat noch nicht bei mir geklingelt. Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt.und geklaut!

Er erste Schritt war es selektive Stellen der Matte mit purem weißen Acyl zu behandeln, um dort die „Felsen“  oder „Pflaster“-Strukturen mit den Strukturrollen einzuprägen. Wenn man das Acryl etwas antrocknen lässt, klappt das sehr gut mit einer nassen Rolle, die man auch gleich einweichen und reinigen sollte.

Dann war mal wieder Matschen angesagt! Ich mische ja total gerne Strukturpasten gleich mit einer Farbe als Grundierung, weil das einen schnellen, einfachen und organischen Eindruck erzeugt. Dazu mischte ich das Maleracryl mit Sand, Steinen und Abtönfarbe, bis ich einen mit passende Farbe erhielt. Ein kränkliches erdiges Beige-Graugrün, für den toten Boden.

Das musste dann nun auf alle freien Stellen aufgetragen werden. Ein bisschen Dreck kam auch noch auf das Pflaster. Nach dem Durchtrocknen machte ich dann gleich noch eine Test, ob sich die Matte immer noch gut Rollen lässt.

Dann war nun die Bemalung gefragt. Die Steinplatten sollten ein mystisches Schwarz mit Rotstich werden.  Da ganz bürstete ich dann mit einem rot-grau und gab noch mal ein bisschen Tusche oder Speedpaint nacht.
Beim Boden spielte ich mit verschiedenen Tuschen und Speedpaints von grau, camogrün  bis violett

Das Endergebnis musste ich dann noch Mal etwas nachbürsten, damit auch Staub von der Erde auf die Platten kam.  Und dann riss ich mit dem Arsch meinen ganzen bisherigen Erfolg ein. Grundsätzlich war es erfolgreich Kleber mit Grasstreu in unterschiedlichen Dichten aufzubringen- Leider war aber mein Wasser zum Verdünnen etwas mit Farbresten kontaminiert, was zu sehr abgehobenen Grasstellen führte, da der Kleber sich einfärbte und eben nicht transparent wurde.

Daher bin ich nicht ganz zufrieden mit dem Endergebnis, habe aber für mich das Potential des Konzepts bewiesen und eine 40er Matte auch sehr abwechslungsreich gestaltete.

Weitere Projekte warten auf die Umsetzung.

Was halte ihr von meinen Ideen? Benutzt ihr schon seit Jahren Acrylmatten? Und welche Ideen hättet ihr für solche Matten?

Ich freue mich auf eure Kommentare!

Über Christian

Christian begann als Gastautor und bissiger Kommentator, wurde dann Redakteur im Blog und gehört inzwischen zu den "Großen Alten" Trotzdem ist es immer noch für sein zu schnelles Reden bekannt und für seine Klugkoterei berüchtigt. Obwohl er kein Historischer Wargamer ist, ist er einer der "HistoSpacken" der Redaktion. Sein Fokus im Hobby liegt auf Freebooter's Fate, Summoners, Geländebau (aktuell gerade 1:1 Maßstab) und Hobbyphilosophischem. Ganz allgemein spielt er lieber Skirmischer als Rank&File-Massensysteme

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