Review: Xenos Rampant

Wer schon länger in unseren Blog guckt, wird festgestellt haben, dass ich eine Vorliebe für die Regelwerke der Rampant-Reihe habe, auch wenn ich die nicht aktiv spiele. Die Regelwerke teilen sich den gemeinsamen Kern von Lion Rampant (inzwischen auch schon in der Zweiten Edition) und ist quer durch alle (neuzeitlichen) Epoche und das Fantasy-Genre expandiert. Zeit also mal eine Blick auf die Sci-Fi-Variante Xenos Rampant zu werfen, bei dem man die Kämpfe von kleinen Gruppe von WeirdWars bis in die ferne Zukunft spielt

 Das Buch – Harte Fakten

Xenos Rampant – Science Fiction Wargame Battles

  • Autor: Daniel Mersey , Richard Cowen
  • Illustrator: Michael Doscher
  • Verlag Osprey Wargames, 24. Nov 2022
  • 192 Seiten, gebunden
  • Listenpreis: 25 £ / 35 $ (≈ 26,95 €; dt. Versandhändler: Datenkrake-A: 31,23 €)

Ähnlich wie bei der zweiten Edition von Lion Rampant wurde auch hier ein Hardcover gewählt. Das macht das ganze Produkt wertiger und passt gut in die Produktstrategie um Stargrave, Frostgrave, Ghost Achipelago etc. Das Hardcover-Format hat aber noch einen weiteren Vorteil: es funktioniert besser mit vielen Seiten und die erhöhte Seitenzahl wurde auch ausgenutzt. Dazu später mehr. Papier und Seitensatz sind wieder schön geraten, mir gefällt dieses Format ja deutliche besser, als der Ospery-Blue-Paperback Seitenschnitt mit den breiten Ränden. Alles in allem fühlt sich der Bibliophile in mir sehr befriedigt und es macht sich auch gut im Regal.

Regelkern

Die Bücher der „Rampant“-Reihe haben ja die Tendenz den Regelkern von „Lion Rampant“ zu benutzten, aber spezifisch für ihre Bedürfnisse zu modifizieren. Für eine genauere Vorstellung verweise ich auf den entsprechenden Blog, im Kern müssen aber die Einheiten für eine spezifische Aktion aktiviert werden, bis dieses bei einer Einheit scheitert und der Gegenspieler dran ist. Einheiten besitzen ein spezifisches Profil für Nahkampfangriffe, Fernangriffe und Verteidigung (die auch Abwehrfeuer beinhaltet), nach einem Würfelwurf pro Beteiligtem ist klar wie viele Verluste der Gegner erleidet und fällt die Einheitenstärke unter eine bestimmte Schwelle, nutzt man nur noch weniger Würfel.

Dies wird  für Xenos Rampant ziemlich aufgebohrt, ist doch ein ausgeprägtes Bedürfnis vorhanden nicht nur einseitigen Beschuss, sondern auch Feuergefechte darzustellen, bei denen mehrere Parteien sich beschießen. Daher besitzt beinah jede Einheit die Regel „Firefight“, die erlaubt die Einheit einmal pro Gegnerrunde als Reaktion auf Beschuss selbst für einen Fernkampf auf den Beschießenden zu aktivieren.
Außerdem wurde ein klein wenig an den Grundprofilen geschraubt. Generell besitzen Einheiten nur noch 10 bzw. 5 Würfel (statt 12 und 6) und für die meisten Einheiten wurde die typische Mannstärke von 12 oder 6, auf 5 Modelle reduziert. Das unterstützt natürlich den Fokus auf „kleinen Trupps / Feuerteams“, aber ich mochte die 12W6-Mechanik, da man einfach Wahrscheinlichkeiten überschlagen konnte.
Ein wichtige Änderung aus „Rebels & Patriots“ wurde aufgegriffen, in dem man den Einheiten eine „freie“ Aktivierung schenkt. Abhängig vom Einheitenprofil, besitzt jede Einheit eine Aktion die sie immer erfolgreich ausführt (für bestimmte Fälle besitzt sie trotzdem einen Aktivierungswert) und die daher sehr den „Zweck“ der Einheit prägt.

Im Kern bleibt vieles beim Alten, die Hauptmasse der Infanterie wird wieder unterschieden in Elite (Angriff/Beschuss), Schwer/Kern (Beschuss) und Leicht (Bewegung). Auch viele andere bekannte Profile erscheinen wieder, wie Plänkler, aggressive/barbarische Infanterie, Support-Einheiten (alles von Flammenwerfern bis Artillerie), große und kleine Xenomorph-Monster (wie schon in Fantasy) oder kopfstarke Schwärme/Milizen. Neu sind Profile für Kampffahrzeuge (Panzer) und Transportfahrzeuge. Die sehr unterschiedliche Handhabung von „harten“ Fahrzeugen gegenüber „weicher“ Infanterie, findet über wenige Sonderregeln, andere Wertebereiche für den Rüstwert und speziellen Anti-Fahrzeug-Waffen-Regeln statt. Das alles ist aber schnell auf wenigen Seiten abgehakt, auch wenn wegen der vielen Sonderregeln und Optionen die Einheitenprofile oft eine oder zwei Seiten umfassen.

Dann kommt der „FantasySciFi“-Teil, in dem die zukaufbaren allgemeinen Optionen als „Xenos-Rules“ aufgeführt werden, was alles von Robotern, Dämonen, Psi-Kräften bis bin zu „Brutal Leaders“ reichen kann. Im Prinzip wurden hier die Optionen aus „Dragons Rampant“ in Sci-Fi-Settings überführt.

Abgeschlossen wird der Regelteil dann mit zwölf Szenarien und den typischen Kampagnen-Regeln, die im Wesentlichen nur den Anführer oder die Spielgröße modifizieren.

Auf den letzten 55 (!) Seiten geht das Buch auf unterschiedliche Genres ein. Und OhBoy! Wer bei „Xenos Rampant“ erst Mal wie ich nur an Space Opera oder Grim Dark Sci-fi dachte, sollte sich festhalten.
Das Buch macht Vorschläge für Settingregeln für WeirdWar (von Werwölfen bis Reichsflugscheiben, aber auch „konventionellen“ WW1), Urban Fantasy (SWAT vs. ManInBlack vs. Lovecraft-Kultisten), 5-min-into the Future Alieninvasionen, Postapokaplypse und eben erwähnte Far-Furture-SciFi. Grundsätzlich lässt sich das Regelwerk für alles verwenden, wo kleine Einheiten aufeinander schießen, man aber auch Fahrzeuge, Psikräfte, Untote und große und kleine Alienmonster verwenden möchte.

Meine Meinung

Oder: Der Vergleich zu One Page Rules Grimdark Future

Ich war ja schon ein bisschen gespannt auf Xenos Rampant, aber boah! hat mich dieses Regelwerk begeistert und gleich dazu inspiriert, mir Modelle passend zu den Einheitenprofilen zu suchen, beziehungsweise Profile auf meine Erwartungen an Modelle anzupassen.

Dabei muss ich aber gleich erwähnen, dass ich ein paar der Abweichungen in den Werten von der „normalen“ Rampant-Formel wirklich kritisch sehe. Die Reduzierung der Angriffswürfel von 12 auf 10 ist eher Kosmetik, stört aber Wahrscheinlichkeitskopfrechner wie mich, weil sich 12 leichter durch 6 teilen lässt. Die typische Modellzahl auf fünf Modelle zu reduzieren unterstütz den „Feuertrupp“ Gedanken, sorgt aber auch dafür das viele Einheiten nur noch typischerweise auf die 6 Treffen. Ich hasse (!!) Roll6s-Systeme, und mit typischen Rüstwerten von drei und zwei für „normale“ Infanterie benötigt man schon Glück um einen (1 !) Verlust zu verursachen. Umgekehrt wird man auch tendenziell mehr beschossen durch die Firefight-Regel, und in einem 5er Trupp tut schon der erster oder zweiter Verlust weh, auch wenn er noch keine Profilwerte ändert.. Auch sind diese „normalen“ Infanterieeinheiten mit zwei oder ein Punkten dazu noch sehr günstig. Das erklärt die Notwenigkeit des Nerfs, macht aber diese Einheiten ein bisschen .. langweilig
Denn der Teufel liegt im Detail, bzw in den Sonderregeln und Optionen. Da bekommt eine Einheit schnell Regeln wie „Amour piercing“ (Reduziert Gegnerische Rüstung), Heavy Weapons (jede 6 macht zwei Treffer) – oder eben „increased Squad size“, welche die Einheitengröße auf 10 erhöht und der Einheit ein eher „typisches“ Rampant Profil gibt. All das müsste ich extensiver Testspielen um das Verhalten in verschiedenen Kombinationen und Situationen zu verstehen.

Umgekehrt: kaum dass ich die Einheitenprofile las und verstand für was welche Einheit und Option gut ist, hatte ich schon Modelle und Kombinationen vor Augen, zu denen auch noch ein paar halbfertige GW-Modelle gehörten. Dieses Maß an Inspiration erlebe ich nur selten, selbst und gerade Saga – Age of Magic (das ja alte WHFB-Fans abgreifen sollte) hat das bei mir nicht geschafft.
Mit diesen Ansatz muss sich Xenos Rampant den Vergleich zu OnePageRules Grimdark Future gefallen lassen. Ich bin hier nicht ganz objektiv, da ich OPG nie wirklich kapiere, da mir viele Informationen zu fragmentiert sind. Xenos Rampant bietet mir ein gebundenes Buch, mit allen Infos und viel Kontext und Bildern abstruser Miniaturen, OPR nur knappe Downloads mit verschiedenen Dateien, ist deswegen aber auch offener für Erratas und Erweiterungen. Die Regelmechanik von OPG orientiert sich eher an einer gestreamlineten GW-Mechanik (Treffer/Schadenswurf und Schutzwurf), wo jedes Modell Würfel beiträgt, wo Xenos  Rampant in seiner Stammmechanik bleibt, wo es um die Einheit geht und das Modell höchstens noch den Abdruck der Einheit und einen wagen Lebenspunktanzeiger darstellt. Eigentlich bin ich ja ein großer Freund der Einheitenmechanik, aber bei 5er Trupps und der teilweisen Abkopplung von Modellanzahl zu Lebenpunkten beginnt die Modellmechanik eher intuitiv zu wirken. Im Designkonzept folgen beide Regelwerke unterschiedlichen Philosophien. Xenos Rampant liefert Regeln, zu denen man sich passende Modelle sucht, OPR liefert Regeln du Modellen die schon vorliegen oder neu designt werden, lässt einem grundsätzlich trotzdem die Wahl.

Damit fällt die Präferenz unter Geschmacksfrage, aber am Ende des Tages hat mich Xenos Rampant wieder dazu gebracht über meine PanzaBoys nachzudenken, OPR nicht.

Fazit:

Mich hat Xenos Rampant begeistert, ich mag aber auch gebundene Bücher und die Rampant-Mechanik, auch wenn ich diese auf der Skala noch mehr ausprobieren muss. Ich mag es Einheitenprofile auf die Modelle und ihre Rolle anzupassen, aber dann auch die passenden Modelle dafür zu suchen.
Ich bin aber ehrlich – auf meiner Prioritätenliste 2024 sind Sci-Fi-Einheitensysteme eher nach unten gerutscht, daher wird es wohl eine Weile dauern, bis ich mich intensiver damit auseinandersetze. Wenn ihr aber lesen wollt, welche Ideen ich bei den Einheitenprofilen mit Sororita, Ork oder Taumodellen bekam, schreibt das in die Kommentare

Habt ihr schon von Xenos Rampant gehört oder es gespielt? Braucht ihr kein Alternativsystem für Sci-Fi-Feuergefechte? Und gefällt euch der Ansatz von Rampant oder OPR an ein System besser?

Ich freue mich auf eure Kommentare!

Über Christian

Christian begann als Gastautor und bissiger Kommentator, wurde dann Redakteur im Blog und gehört inzwischen zu den "Großen Alten" Trotzdem ist es immer noch für sein zu schnelles Reden bekannt und für seine Klugkoterei berüchtigt. Obwohl er kein Historischer Wargamer ist, ist er einer der "HistoSpacken" der Redaktion. Sein Fokus im Hobby liegt auf Freebooter's Fate, Summoners, Geländebau (aktuell gerade 1:1 Maßstab) und Hobbyphilosophischem. Ganz allgemein spielt er lieber Skirmischer als Rank&File-Massensysteme

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2 Comments on “Review: Xenos Rampant”

  1. Servus Christian,

    vielen Dank für das Review. Ich schleiche ebenfalls schon länger um das Regelbuch. Mir gefällt vor allem die Aktivierungs-Mechanik und die überschaubare Menge an benötigten Minis/Einheiten. Ein ofizielles Saga im Sifi-Settig ist auch ein Träumchen von mir….

    Seit paar Monaten baue/bemale ich mir eine kleine Astra Militarum Armee aus alten (!) Cadianern und ein paar alternativ Modellen. Einfach weil ich die alten Cadianer Minis von der Optik sehr mag, es so viel Kram zum Umbauen gibt und weil die immer wieder gebraucht sehr günstig zu bekommen sind 😉

    Mit denen habe ich schon 40k Combat Patrol (~500 pkt) gegen Tau gespielt. Das hat mir leider garnicht gefallen, vorallem da man wegen dem IGOUGO Runden-basierten Systems, im Grunde (jedenfalls in diesem Format, bei den Fraktionen) die Häflte des Spiels, Männchen vom Tisch nimmt. Potenzial für taktisches vorgehen habe ich nicht gesehen.
    OPR Grimdark Future haben wir mit den beiden Armeen ebenfals schon zwei Mal gespielt. Das abwechselnde Aktivieren fühlt sich schon intuitiver und flüssiger an. Wobei es auch super tödlich ist. Nach 2 Runden hatten wir kaum noch Einheiten/Minis auf dem Feld. Bei OPR waren wir uns einig, dass es wohl auf Größere Armeen ausgelegt ist und dann besser funktioniert.

    Mit meiner fertig bemalten Ciadianischen Kampfpatrouille könnte ich 25 Infanteristen stellen, 2 Feldgeschützbatterien, einen Kampfläufer. Ein Panzer muss noch bemalt werden… Lässt sich damit was sinnvolles für Xenos Rampant hinstellen? Bzw. was ist deiner Meinung nach die Optimale anzahl an Einheiten/Miniaturen für eine Xenos Rampant Partie.

    1. ich könnte das in einem Blog ausführen, aber lieber hier direkt.

      Mit der alternierenden Aktivierung ist OPR natürlich „moderner“, der Reiz bei Rampant Systemen ist halt, dass nicht unbedingt jede Einheit dran kommt, was gut ist, wenn man viele Runden spielt und …herausfordernd.. bei einer fixen Rundenzahl

      Mit 5 Infanteristen könntest du 5x HeavyInfanterie a 2 P aufstellen, die Feldgeschütze gingen als 2x Support Infanterie. Wenn du den Panzer mit nehmen willst, muss du dafür deine Fahrzeugauswahl einsetzten, weshalb du dann den Kmapfläufer nicht als „Walker“ spielen könntest, sondern eher als „Big Xenomorph“, was ihn wieder mehr Nahkampflastig macht.
      Wie ich sagt, ich würde schon ein 10er Trupp stellen, um auch Mal auf 5en zu Treffen. Da würde schon mit vielen Bispiellisten gehen und man hat noch ein paar Punkte die Einheiten auszugestalten (HeavyWeapons; AmourPiercing gegen Fehrzeuge, etc)

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